Fischer, Michael
Musiker und Komponist. m.fischer.wuk.at
Musiker und Komponist. m.fischer.wuk.at
Liebe anwesende
Verehrteste alle
Meine damen und herren
Freundinnen und freunde
Liebes festpublikum
Ihr Fans des Literaturhauses
Wir kündigen an
Ladies and gentleman
We announce
We proudly declare
Nous sommes très hereux
Nous déclarons
Signore e signori
Con piacere annunciamo
Freudvoll verkündigen wir
Mit dem größten vergnügen
We are delighted
We say we give we tell
Wir geben bekannt
Con muchas felicitaciones
Herzliche gratulation
We would like to let you know
Ihr sollt wissen
In großer Freude geben wir
Venticinque fünfundzwanzig
C’est un grand plaisir que
Ein freudvolles großes
It is a wonderful fact that
Il piacere é tutto nostro
OK. Ich habe mir im Vorfeld einiges überlegt und bin zu dem Schluss gekommen, dass meine Rede 4 Elemente enthalten sollte: einmal eine wesentliche Erinnerung. Sie sollte außerdem eine persönliche Note haben, der Ausblick sollte sich ein wenig philosophisch geben und es sollte eine Festrede sein. Die Festrede habt ihr soeben gehört.
Schreiten wir nun also zur wesentlichen Erinnerung, die unter einem denkwürdigen Satz vom ehemaligen Landesrat Fritz Astl steht, der da lautete „WENN DAS SO IST“.
Mai 1997, Literaturhaus-Gründung. Am Anfang war die Hölle - die allererste Veranstaltung, eine Ausstellung von Markus Vallazza mit Radierungen aus seinem Inferno-Zyklus und 4 Auftragsarbeiten (äußerst schwach dotierten Auftragsarbeiten) an 4 AutorInnen, Barbara Hundegger und Sepp Mall, Daniela Hättich und Egon A. Prantl. Barbara Hundeggers Beschäftigung mit Dantes Divina Commedia hat (ich darf es sagen, denn sie hat es einmal selbst bekannt gemacht) genau da ihren Ausgang genommen. Das Literaturhaus darf sich auf die Fahnen heften, dass die Dichterin infolge dieser ersten Auftragsarbeit zwei wunderbare Lyrikbände „Dante reloaded“ herausgebracht hat (bisher zu Hölle und Fegefeuer), ein dritter Band wird gewiss folgen. Darum stimmt das auch mit der „Hausdichterin“ ganz genau!
Gefühlt ein bisschen wie in der Hölle ging es anfangs aber auch im täglichen Betrieb des Literaturhauses zu, denn es galt bei Null anzufangen. Wer nämlich denkt: Was sich Literaturhaus nennt, beim Brenner-Archiv im 10. Stock dort droben residiert etc. wird wohl bestens ausgestattet gewesen sein, der irrt sich. Es gab 1997 kaum Personal-Ressourcen und ein sehr geringes Veranstaltungsbudget für etwas, das sich die Kulturabteilung des Landes Tirol gewünscht hatte, nämlich ein Literaturhaus in Innsbruck (ich finde übrigens, dass man ihr dafür sehr dankbar sein muss). Aber zu den hard facts: Es war für Ursula Schneider und mich, die wir jeweils nur ein paar Stunden Aufstockung bekommen hatten, ein höllisches Gestrappel. Bund und Stadt finanzierten das Programm im wesentlichen, die Kulturabteilung des Landes verhielt sich zurückhaltend, da vom Land bereits viel Geld in den Bau im 10. Stock investiert worden war. Also strippelstrappel, wir mussten findig sein und billig arbeiten, um programmieren zu können.
Nach 2 Jahren war die geschätzte Ursula Schneider nahe dran wieder auszuscheiden (was dann auch geschehen ist, denn sie wollte wieder ausschließlich wissenschaftlich arbeiten). Allerdings war dem Himmel sei dank inzwischen Verena Gollner eingetreten, finanziert nicht etwa aus dem Literaturhaus-Budget, sondern vom Tiroler Beschäftigungsverein (sie ist somit die „älteste Mitarbeiterin“ – an Dienstjahren; bald darauf folge Kristin Jenny – diesen beiden verdanke ich großartige Unterstützung im täglichen Betrieb).
Weil aber der Karren aufgrund von Überarbeitung und Geldmangel ins Stocken zu geraten drohte, setzten wir alles auf eine Idee, eine Karte: Diese Karte hieß LITERATUR HAUSKALENDER 2000 und stellte als Wochenkalender 52 (Nord-) Tiroler SchriftstellerInnen vor, das WHO IS WHO der Literatur des Landes sozusagen. Es waren Größen wie Heinz Gappmayr dabei, natürlich auch wichtige Zugpferde wie Felix Mitterer, dann so gut wie alle, die gegenwärtig noch immer in der Szene wichtig sind, aber auch etwa ein Sepp Kahn oder eine Luise Maria Schöpf, von denen heute eher weniger zu hören ist.
Der zweite Streich war: Um den Kalender zu präsentieren, veranstalteten wir im Herbst 1999 ein Fest, zu dem die Politik, Publikum und alle im Kalender Vertretenen sowie weitere Exponenten der Literatur eingeladen wurden. [By the way, was Literatur mitunter ganz faktisch zu bewegen vermag, ist verblüffend: Es ist uns damals das Unmögliche gelungen, nämlich dass im Haus extra für die Kalender-Präsentation die Rauchmelder ausgeschaltet wurden. Weil die Rauchmeldung durch einen einzigen Kanal geht wurde im ganzen Haus und für volle 3 Stunden abgedreht, nämlich für die Zeit des Tiroler Literaturfestes. Es durfte in unseren Räumen geraucht werden, einmalig in der Geschichte des Literaturhauses am Inn! Wie wir das zusammengebracht haben, weiß ich nicht mehr, es könnten wilde Entschlossenheit und weiblicher Charme im Spiel gewesen sein].
Das Foyer des Brenner-Archivs, unser Veranstaltungsraum, war gesteckt voll. Alle tranken und rauchten hemmungslos und ohne irgendeine Wortspende vorweg wurden Texte gelesen. Es waren auch keine Politikergrußworte vorgesehen, es war ja das Fest der Tiroler Literatur und nichts anderes ausgerufen worden… ein ungewöhnliches Vorgehen für Landesrat Fritz Astl, wie man ihm anmerken konnte, der aber die Größe hatte sich anzupassen und immer besser gelaunt zu sein schien, denn es herrschte eine Bombenstimmung an dem Abend. Nach 2 Stunden hat Herr Astl allerdings ungefragt das Mikrophon ergriffen und den eingangs zitierten, denkwürdigen Satz gesagt: WENN DAS SO IST. Ein kurzes Erschaudern auf meiner Seite, werde ich jetzt zusammengestaucht, war ich unhöflich gewesen? Doch darum ging es dem Landesrat überhaupt nicht. „Wenn das so ist, dass da so viel passiert“, hat er gesagt, „dann wird das Literaturhaus jetzt ordentlich aufgestockt!“ Was für ein Satz, was für ein Moment! Er hat das Versprechen gehalten, und von da an ist es gut und immer besser weitergegangen.
Nun zur persönlichen Note meiner Rede, und zwar unter dem schönen Motto LITERATURBEWEGT (man beachte die Doppelbedeutung):
Also bei mir bewegt die Literatur vor allem eins, nämlich meinen Hintern. Ich bin ja, was nicht viele wissen, weil ich es tunlichst verberge, ein sehr fauler Mensch. In der Früh komme ich nicht aus dem Bett, frei nach Grünmandl sind das richtige „Oblomo-Weibereien“, schrecklich. Manchmal aber, da habe ich noch nicht einmal die Augen offen, dreht sich ein Satz hinter meinen Stirnfalten (ein literarisch geeigneter Satz), da hupfe ich aus dem Bett und springe vital wie nur eine zum Computer, um ihn niederzuschreiben. Das muss ich auf zwanghafte Weise tun. Es folgt ein zweiter und dritter Satz, noch vor dem Frühstück.
Wahnsinn, Literatur hat mich wieder einmal bewegt und ich hab‘s nicht einmal gemerkt, umso weniger hab ich‘s anstrengend gefunden! Wenn ich dann nach dem Frühstück auf die Couch fallen will, um im Fernseher herum zu zappen, um also wieder einmal so richtig faul zu sein, muss ich beim Bücherregal vorbei. Dieses Bücherregal ist seit meinem 20sten Lebensjahr so sehr angewachsen, dass es fast den ganzen Raum füllt, jede Ecke ist Bücherregal, die Decke ist Regal… überhängendes Erklimmen nötig… nur die Couch musste den Büchern noch nicht weichen, die Couch, auf die ich in diesem Moment nicht falle, weil ich mir sage: Es-ist-doch-wirklich-verrückt! Alles, alles, alles, was man erleben kann, steckt in diesem Bücherregal. Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft – Möglichkeitsformen inklusive. Sagt ihr mir eine Facette des Lebens hier und dort, damals und jetzt, die nicht in Literatur verwandelt wurde, ich wette, ihr findet nichts. Nicht einmal ein Krümelchen. Vielleicht bin ich so faul geworden, weil ich so viel gelesen und aufs Leben ganz vergessen habe.
Tachiniererinnen wie ich brauchen echt nur noch Bücher zu lesen… vielleicht ein Paradoxon, weil Lesen schon ein bisschen Anstrengung bedeutet, aber Himmel! Wie anstrengend ist erst das Leben! Im Leben muss man ständig auf den Beinen sein, man muss was weiterbringen, bestehen, leisten! Also (Augenzwinkern) doch lieber ein Buch aufschlagen und sich von ihm bewegen lassen!!
Das viele Lesen hat bei mir übrigens bewirkt, dass ich kaum jemals denke, dass etwas zu 100% so und nicht anders ist, ich muss immer abwägen und auch andere Meinungen hören. Andererseits gibt es schon so etwas wie Gewissheiten oder unverrückbare Haltungen, auch und sogar in mir… da, denk ich, haben Bücher einen wesentlichen Anteil daran, gute Sachbücher zum Beispiel. Doch selbst ein Roman oder Lyrik können mich zu Überzeugungen bewegen, ja sogar Klarheit hervorrufen… aber lassen wir das, vielleicht sollte ich jetzt doch nicht zu dick auftragen.
Zurück zum zweiten Teil meines Faulheit verdrängenden Gedankens: Es gibt Menschen, die eher schüchtern sind und sich nicht so richtig getrauen zu leben, die immer so ein bisschen zögerlich bleiben und nichts anpacken. Die lesen dann eventuell ein paar Bücher und haben es geschnallt: Sie wissen mit einem Mal, was zu tun ist. Der Mann geht jetzt hin und traut sich endlich die Angebetete anzusprechen; sie traut sich zu sagen, du interessierst mich nicht; er gerät weder in Wut noch in Depression, sondern sucht sich eine andere und sie geht, was sie schon viel zu lange hinausgeschoben hat, ins Frauen-Lesbenzentrum, um bei einem Bier am Leben teilzunehmen. Also das gibt es auch, dass Literatur tatsächlich Leben ankurbelt, Leben bewegt. Alles aus den Büchern gelernt!!
Fassen wir zusammen: Literatur bewegt erstens ein Körperteil von mir, das ca. 50 X 45 cm groß ist, zweitens bringt es in den Menschen doch auch Handeln in Bewegung. Manchmal sogar bei mir, wo ich doch Oblomow (von Gontscharow) so sehr geliebt habe. Da sind wir jetzt natürlich beim Politischen. Merke: Die heftige Konsumation von Büchern und politisches Handeln schließen einander nicht aus!! Weil das weiß ich von mir, die ich einigermaßen politisch denkend und handelnd bin, dass ich das Politische nie und nimmer vom Fernsehen habe!
Nun und zu guter Letzt zum Ausblick. Aufblickend.
Neulich machte mein Lebenspartner eine schöne Bemerkung: Im Literaturhaus gehe es paradiesisch zu, meinte er, man könne jederzeit hingehen, ohne vorher Karten besorgen zu müssen, ohne Eintritt zu zahlen könnten jeder und jede an sehr guten und oft hoch spannenden Veranstaltungen teilnehmen, man könne sogar mitreden, man könne Leute kennen lernen und am Ende trinke man für einen Bagatellbeitrag ein Bier oder ein Glas Wein… also paradiesisch!
Seit Kurzem weiß die Literaturwelt und weil Joachim Leitner es auch in der Tageszeitung mit einem groß aufgemachten Artikel publik gemacht hat, weiß es ganz Tirol, dass das Paradies weiblich ist. Es geht um ein Buch: „Das Paradies ist weiblich. 20 Einladungen in eine Welt, in der Frauen das Sagen haben“, ein wundervolle Textsammlung, herausgegeben von Tanja Raich. Und wie passt das zu dem, was mein Mann gesagt hat? Sehr gut, oder? Nur hat DIE Literaturhaus nicht bloß 20, sondern über die Jahre viel viel viel viel mehr Einladungen ausgesprochen! Im Schnitt einmal in der Woche. SIE hat den Tisch auf das Beste gedeckt und bereitet, und zwar für Frauen und Männer gleichermaßen. Böse männliche Zungen haben sich im Lauf der Jahre zu Wort gemeldet und sich beschwert: Im Literaturhaus würden nur Frauen arbeiten, ob das gerecht sei, da würden mehr Frauen zu Lesungen eingeladen... plärr!
Ja, DIE Literaturhaus am Inn IST weiblich. So what? Vergessen wir die bösen Zungen, lassen wir die Höllen hinter uns! Feiern wir mit DER Literaturhaus nicht nur 25 Jahre, sondern auch das Weibliche schlechthin, ganz konkret die vier dort arbeitenden Frauen! Was sie alles zuwege gebracht haben, das ist doch wirklich phantastisch!! Hurra, hoch die Tassen und: So soll es bleiben.
Aber ich wollte zum Schluss noch etwas Philosophisches von mir geben. Wie war das mit Dantes Weg durch Hölle, Fegefeuer und Paradies? Er hatte einen erfahrenen Führer, den Dichter Vergil, mit ihm durchwanderte er die schrecklichsten Höllen und die etwas lichteren, aber letztlich kaum Zuversicht gebenden Fegefeuer. Die beiden Männer gelangten bis an die Pforte des Paradieses und keinen Schritt weiter, denn die höchsten Bezirke durfte Vergil nicht betreten. Dort hat Beatrice den Dante an der Hand genommen, dort, im Paradies, hat eine Frau die Leitung und Führung übernommen…!
Ich sags ja!
Erika Wimmer Mazohl und Barbara Hundegger . Die beiden sind mehr oder weniger von der ersten Stunde des Literaturhauses am Inn an, das war im Jahr 1997, in unterschiedlichen Funktionen für unser Haus im Einsatz:
Erika Wimmer Mazohl leitete von 1997 bis 2003 das Literaturhaus am Inn. Mit einem engagierten Programm, das Auftragsarbeiten, szenische Lesungen, Vernissagen, Workshops und natürlich auch ganz „klassische“ Lesungen beinhaltete sowie einer renommierten Gästeliste, auf der Autorinnen und Autoren aus Tirol genauso standen, wie auch internationale Schreibende, etablierte Erika Wimmer Mazohl das Literaturhaus am Inn in Tirol und zog ein stetig wachsendes und interessiertes Publikum an.
Aber Erika Wimmer Mazohl ist nicht nur Literaturvermittlerin, sie ist auch Forschende und vor allem Schreibende und es ist diese Bandbreite an Tätigkeiten im literarischen Feld, die sie für uns – auch nachdem sie die Leitung des Literaturhaus am Inn abgab, immer zu einer wichtigen Kollegin machte, die uns mit ihrem kritischen Geist und ihrer literarischen Kompetenz stets als Gesprächspartnerin und Ratgeberin zur Seite stand und immer noch steht. Bereits einige Male durften wir sie mit ihren eigenen Werken auf unserer Bühne begrüßen, zuletzt mit ihrem Roman „Wolfs Tochter“ und es wird auch heute nicht das letzte Mal sein, dass Erika Wimmer Mazohl die Bühne einer Veranstaltung des Literaturhauses am Inn betritt, freuen Sie sich mit mir nun auf die Rede von Erika Wimmer Mazohl.
Bei der Eröffnung des Literaturhauses am Inn am 22. 5. 1997 war u.a. Inger Christensen zu Gast. Die große dänische Dichterin, die zu den bedeutendsten europäischen Poetinnen zählt, ist eine der Herzensdichterinnen von Barbara Hundegger. Aber das ist lange nicht der einzige Berührungspunkt von Barbara Hundegger mit dem Literaturhaus am Inn: Vor 25 Jahren wurde Barbara Hundegger von Erika Wimmer Mazohl als damalige Leiterin des Literaturhauses am Inn beauftragt, einen Text zu Radierungen von Markus Vallazza zu schreiben, der sich in mit Dantes göttlicher Komödie auseinandergesetzt hat.
Für Barbara Hundegger war dies der Beginn und Auslöser einer Auseinandersetzung mit Dantes Werk, die schließlich im Jahr 2014 in ihrem Lyrikband „wie ein mensch der umdreht geht“ Dantes Läuterungen reloaded noch einmal mit sprachgewaltig zum Ausdruck gebracht wurde. Zahlreiche Lyrikbände, wie eben auch dieser, wurden im Literaturhaus am Inn vor vollem Haus präsentiert, immer wieder auch moderiert von Anna Rottensteiner, über die Barbara Hundegger übrigens sagte, sie sei eine der kompetentesten und geistreichsten Kennerinnen und Interpretinnen ihres Werkes.
Als jemand der immer wieder an der Schnittstelle zwischen Literatur und Kunst arbeitet, eröffnet uns der Austausch mit Barbara Hundegger auch immer wieder neue Perspektiven, ich denke beispielsweise an die Fasadeninstallation „wörter pracht fracht“, die Barbara Hundegger gemeinsam mit Christine S. Prantauer zum 20. Jubiläum des Literaturhauses am Inn kreierte.
Nicht zuletzt ist Barbara Hundegger auch immer wieder Impulsgeberin für neue Veranstaltungsformate, nicht zuletzt für unser Lyrikfestival W:ORTE.
Ja, man könnte diese Aufzählung jetzt noch lange fortsetzen, aber ich denke, es ist klar geworden, was Barbara Hundegger oder kurz auch Bahu genannt, zu unserer „Haus-Autorin“ macht und daher unverzichtbar, für diesen Abend.
Als wir Bahu aber für die Rede anfragten, hatte sie allerdings schon ihren Urlaub geplant. Da sie uns aber unsere Anfrage kaum abschlagen konnte, haben wir doch noch eine Möglichkeit gefunden, sie heute hier auftreten zu lassen. Maßgeblich an diesem Auftritt beteiligt, ist der Künstler Christian Yeti Beirer, der – wie einige von Ihnen bestimmt wissen, dem Literaturhaus am Inn nicht nur als treuer Gast, sondern auch als Suppenkoch und Kunstwerkstattleiter verbunden ist.
Wie Sie vielleicht wissen, ist es ja jetzt in Mode gekommen Triggerwarnungen für literarische Texte auszusprechen, Sie werden auch im folgenden Beitrag eine finden und auch ich gebe Ihnen noch eine Warnung mit OBACHT TIROL – für die Texte von Barbara Hundegger gilt die 3 P Regel politisch, poetisch, persönlich – Aber hören und sehen sie selbst!
wurde 1983 in Rum/Tirol geboren. Er gehört zu den erfolgreichsten Poetry-Slammern Österreichs. 2020 gewann er den Literaturpreis der Universität Innsbruck sowie den Tiroler Poetry Slam Würdigungspreis. 2021 erschien nach zahlreichen Publikationen in Literaturzeitschriften sein Erzählband Changes in der Edition Laurin.
wurde 1968 in Kolbnitz, Kärnten geboren und lebt in Innsbruck. Er verfasst Lyrik, Romane, Hörspiele, Essays und ist auch als Herausgeber von Anthologien tätig. Soeben ist sein Gedichtband an den hunden erkennst du die zeiten im Haymon Verlag erschienen. 2021 wurde ihm der Preis für künstlerisches Schaffen der Stadt Innsbruck verliehen.
wurde 1987 in Baja/Südungarn geboren. Sie studierte Kommunikations- und Medienwissenschaft und Norwegisch und lebt als freie Journalistin und Autorin in Innsbruck. 2016 erschien ihr Erzählband Ich dachte an Siracusa in der edition exil.
wurde 1963 in Hall i. T. geboren und lebt als freie Schriftstellerin in Innsbruck. Ihre Publikationen umfassen Gedichtbände, Theatertexte, Libretti, Public Poetry. 2019 erschien ihr Gedichtband [anich.atmosphären.atlas] im Haymon Verlag. Von den zahlreichen Auszeichnungen seien der Tiroler Landespreis für Kunst (2020) und der Österreichische Kunstpreis (2021) erwähnt.
wurde in Habichen/Ötztal geboren. Sie lebt in Innsbruck, wo sie seit 1986 gemeinsam mit ihrem Mann Roland Jordan den Turmbund – Gesellschaft für Literatur und Kunst leitete. Sie veröffentlichte Lyrik in Anthologien, 2017 erschien der Gedichtband fenstertage.
wurde 1977 in Innsbruck geboren, wo er als Kabarettist, Poetry Slammer, Autor und Moderator lebt. Zweimal war er österreichischer Poetry Slam Meister; er steht regelmäßig mit eigenen Programmen auf der Bühne. 2018 erschien im Wagner Verlag Das olympische Dorf. Kleinstadt im Weltdorf.
wurde 1987 im Ahrntal geboren. Er studierte Psychologie und lebt und arbeitet in Innsbruck. Er schreibt Lyrik, Prosa, Dramatik, Slamtexte und ist auch Liedermacher. 2014 erschien sein Lyrikband ich leih mir kurz mal dein gesicht bei den pijamaguerilleros.
wurde 1954 in Hall i. Tirol geboren. Er war Bibliothekar am Institut für Erziehungswissenschaften in Innsbruck sowie Mitarbeiter des Innsbrucker Zeitungsarchivs. Sein Schreiben umfasst vorwiegend Prosa, die er sowohl in Anthologien als auch u.a.in der Erzählung Porträt des Schriftstellers als armer Wurstel in der Edition Löwenzahn 2001 publiziert hat.
wurde 1991 in Innsbruck geboren. Sie studierte Musik- und Literaturwissenschaft und ist als freischaffende Autorin, Lyrikerin und Kulturvermittlerin tätig. Ihr Debüt als Autorin erfolgte 2022 mit dem Lyrikband azur ton nähe – flussdiktate im Limbus Verlag.
wurde 1976 in Innsbruck geboren, wo sie nach dem Studium der Germanistik, Anglistik und Konzertgitarre lebt. Zuletzt erschien ihr Roman Der Himmel ist ein kleiner Kreis im Droschl Verlag. Für ihr Werk, das Romane, Novellen, Gedichtbände und Hörspiele umfasst und in zahlreiche Sprachen übersetzt wurde, wurde sie mit zahlreichen Preisen bedacht, u.a. mit dem European Prize for Literature (2012).
Gerne reservieren wir für Sie einen Platz, hierfür bitte unter literaturhaus@uibk.ac.at (bis 12.00 des Veranstaltungstages) anmelden. Kurzentschlossene sind herzlich Willkommen!
Bei unseren Lesungen können Sie sicher sein, denn:
Denkbar wäre etwa: eine demokratische Republik, zunächst wenigstens auf einem Teil jenes Territoriums, das die Menschen heute mit dem Wort Europa assoziieren, mit vielen Zentren, Ethnien und Sprachen und mit Schulen, in denen statt der nationalen und regionalen Oberhäupterabbilder die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte der Vereinten Nationendie Wände füllte und eine Weltkarte, in deren Zentrum nicht Europa liegt, und in denen Philosophie wie alle Künste kein Nebenfach wäre und Religionen nur noch gemeinsam unterrichtet würden in einem Fach mit Namen Mythologie. In diesem Vielvölkerstaat endete die Pflicht, sich zu bilden, niemals genauso wie das Recht auf Arbeit, und niemand könnte sich durch Geld, Qualifikation, Status oder Geschlecht davon befreien, Toiletten zu putzen, Bedürftige zu pflegen, Babys zu betreuen, den Abfall zu entsorgen. Der Neoliberalismus wäre nicht die Staatsreligion, Manager und Banker nicht der Klerus, Politiker zu sein, wäre kein Beruf und Wahlkampf bestünde nicht in Werbung, sondern im Versenden vergleichbarer Programme an alle. Freiheit hätte per Verfassung immer eine soziale Dimension, Gleichheit wäre nicht ohne Diversität zu denken und Brüderlichkeit besäße wahrhaftig inklusiven Charakter, umfasste alle Systeme mit Bewusstsein, auch die schwesterlichen und alles Fremde, ganz besonders das Fremde, ohne das kein Ich sein kann.
Europa meint wörtlich „weite Sicht“. Europa ist eine Idee, nichts sonst. Europa liegt in den Köpfen der Menschen.
…wenn Leopardi vom Mond sprach, wußte er sehr genau, wovon er sprach.
Italo Calvino, Sechs Vorschläge für das nächste Jahrtausend. Harvard-Vorlesungen, übersetzt von Burkhart Kroeber
Die ebene, isometrische Oberfläche der Weltkarte wurde durch eine anomale Topographie ersetzt, bei der Shannon in größere Nähe zu Kattowitz oder Fuerteventura rückte als zu Brüssel oder Madrid. Die beiden Flughäfen, die Ryanair in Frankreich anflog, waren Beauvais und Carcassonne. Handelte es sich dabei um Bestimmungsorte von besonderem touristischen Interesse? Oder wurden sie nur aus dem Grund touristisch interessant, weil Ryanair die beiden Städte als Zielflughäfen gewählt hatte?
Michel Houellebecq, Karte und Gebiet, übersetzt von Uli Wittmann
Wenn ich von Europa spreche, geht es mir anders als Leopardi. Aber gleichzeitig weiß ich – wie die Mehrheit der in Polen in den Achtzigerjahren des 20. Jahrhunderts Geborenen – , worauf sich Europa gründet und wie es funktioniert. Das ist wohl die einzige Frage, auf die man eine Antwort geben kann, ohne in Pathos oder Panik zu verfallen. Nicht was Europa ist, sondern was es mit uns macht. So wie man heutzutage über Kunst schreiben kann – die Frage nach ihrem Wesen wird weggeschoben, und man denkt über ihre verschiedenen Implikationen nach.
Für mich ist eine der offensichtlichsten, ins Auge springenden Konsequenzen aus der Existenz Europas seine literarische Tradition. Tief und unerschöpflich, in der ekstatische und lakonische, nihilistische und interventionistische, banale und surreale Texte Platz finden. Eine Tradition, die man in ihrer ganzen Breite nicht zu beherrschen vermag, und zwar seit jeher in der doppelten Bedeutung des Wortes. – Das ist spätestens seit der Zeit der Encyclopédie ou dictionnaire raisonné des sciences, des arts et des métiers allseits bekannt.
Genauso rasch kommt einem eine weitere Folge des Vorhandenseins der Gemeinschaft oder eines gewissen europäischen Ganzen in den Sinn – das, was man eine neue Topographie nennen könnte. Ich bin durch dieses „neue Europa“ gereist wie viele andere Touristinnen und Touristen, mit Ryanair und mit dem Flixbus, meistens allein, ohne Ängste und ohne viel Geld, voll Neugier, mit Karten-Apps und einem kleinen Stipendium. Ich glaube nicht, dass diese neue Topographie, wie sie durch Billigflieger und den Beitritt Polens zur Union gezeichnet wurde, die Bezeichnung „anomal“ verdient, wie Houellebecq es möchte. Dank dieser Reisen verwirklichte sich etwas, worüber ich früher gelesen hatte, materialisierte sich etwas, worüber ich später schreiben sollte.
Zwar gibt es immer wieder kritische Stimmen, was sage ich, ganze Druckwerke zum Thema Massentourismus und Migration, auch Arbeitsmigration – ich kann dieses seit Schengen entstandene Netz von Verkehrsverbindungen zwischen großen und kleinen Städten nur optimistisch betrachten. Also bestätige ich: Ja, Shannon liegt näher an Kattowitz als Madrid. Und wenigstens geographisch gesehen stimmt das auch.
Da war ein Kind in der Schule, an der ich arbeitete, am Morgen, an dem das Ergebnis des Referendums bekannt gegeben wurde: „Nun kann sich Frau Garcia endlich verpissen, oder?“ Da war das Lehrerzimmer in den Wochen vor der Wahl: „Ich bin sicher nicht rassistisch, aber habt ihr neulich die Innenstadt von Woolwich gesehen?“ „Ich bin nicht rassistisch, aber sollten wir achtzig Millionen Türken aufnehmen?“ „Ich bin nicht rassistisch, aber schau – es geht darum, great zu sein.“ Da ist die Facebook-Seite eines anderen Kollegen: Wilde und Zigeuner überfüllen unsere Schulen und Krankenhäuser; die EU will unsere Teekessel verbieten. Da ist eine psychologische Definition für ,jemanden zum Sündenbock machen‘: die Projektion von unberechtigten Vorwürfen, Anfeindungen oder Verdächtigungen auf eine andere Person oder Gruppe (oft zur Vermeidung von Selbstkonfrontation). Da ist Walid im College, an dem ich nun unterrichte, während wir den Komparativ der Adjektive üben: „Die Menschen hier sind weniger rassistisch als in meinem Land und ich bin mehr sicher.“ Sein Mitschüler: „Es heißt sicherer. Aber stimmt das? Wirklich?“ Da ist ein Beispiel eines Schülers zum Passiv: „Ich wurde im Bus beschimpft, weil ich in meiner eigenen Sprache telefoniert habe.“ [Das Passiv wird verwendet, falls das Agens einer Handlung unbekannt ist, oder unwichtig, oder so allgemein, dass es offensichtlich ist.]. Da ist der Wortschatz, den ich von der Tafel lösche: Xenophobie, Hasskriminalität, Deportation, Zugehörigkeit. Da ist eine Wiederholung der Modalverben in der Vergangenheit: „Sie hätten die Wahl nicht zulassen sollen, denn nun scheint es okay zu sein, uns zu hassen.“ Da sind Konditionalsätze in der Vergangenheit: „Wenn ich es gewusst hätte, wäre ich nicht gekommen.“ Da ist Alex, wie er European Solidarity Corps ausspricht, ein Jugendprogramm für grenzüberschreitende soziale Aktionen: European Solidarity Corpse. Da ist Liana: „Du bist nicht wie die anderen, denn du fragst nach unseren Gedichten und Büchern statt nach Taschendieben und Putzfrauen.“ Da ist Ajita: „Es kann immer schlimmer werden.“
Diese Scherben sind alles, was ich zum Reflektieren anbieten kann.
Übersetzung: Maria Piok
Was und wo gab es das schon? War es? Ist es gewesen? War Europa nicht die Gegend westlich des Ural, einen Sprung weit entfernt vom Baikalsee? Unweit von Oz? Oder lag es irgendwo hinter den Steppen von Samarkand? Eine Gegend, von der es hieß, dass die Bewohner es liebten, alleine, jeder für sich zu sein und auch so zu handeln, woraus sie sogar eine Tugend machten, genannt Individualismus? War das nicht irgendwo hinter Omsk, auf jeden Fall jenseits von Chengdu, ich meine die Gegend, wo es, sobald sich zwei solche europäische Individuen trafen, Zwist und Gemenge gab, wenn nicht Schlimmeres. Man sagt, dass sich die Bewohner der Gegend meist überhaupt nicht über die gleiche Sache stritten, weil sie des Öfteren nicht derselben Mundart oder Sprache mächtig waren, nicht dieselben Geschichten und Sitten teilten, ja nicht einmal die gleichen Gesten verstanden und deshalb virtuose Meister des aneinander Vorbeiredens waren, in der festen Überzeugung, einzig und alleine im Recht zu sein. Klar kam es des Öfteren zu den heftigsten Auseinandersetzungen, regelmäßig gab es Krieg, aber das kümmerte nur die, die daran direkt beteiligt waren und litten. Was die Menschen auf der anderen Seite der Wolga, im Westen des Mekongs und links vom Tigris teilten, war der Verlust des gemeinsamen Traums, ja sogar der Verlust der Fähigkeit, überhaupt zu träumen. Nicht nur haben sie verlernt, nachts bei grellem Vollmond gemeinsame Alpträume zu erleiden. Vor allem hatte man über Jahrhunderte systematisch alle Tagträumer vertrieben, eingesperrt, gepeinigt und ermordet, obwohl sie, wie wir ja wissen, unentbehrlich sind für den einen Traum vom Ganzen. Der Verlust von jeder Art von Traum war zugleich die Stärke und das Glück unserer Vorfahren. Unsere Väter waren noch das Volk des einen, gemeinsamen Traums. Obwohl sie in verschiedenen Mundarten sprachen, fanden sie eine gemeinsame Sprache und verfielen nicht der Illusion der eigenen Wichtigkeit und der Besonderheit des Einzelnen. Unmerklich kam das Eine, das Gemeinsame, wenn die Europäer schliefen oder stritten. So wiederholt sich wohl immer wieder die Geschichte, sei es in den großen Weltzentren als auch in den abgelegensten Provinzen, selbst wenn sie mal so glorreiche Namen trugen wie Europa. Europa, so ein Quatsch! Europa war. Europa war einmal. Europa ist gewesen.
Here’s a child at the school I used to work at, on the morning the referendum result was announced: “So Ms. Garcia can finally piss off home, then?” Here’s the staffroom in the weeks before the vote: “I’m obviously not racist but have you seen Woolwich town centre recently?” “I’m not racist but why should we take eighty million Turks?” “I’m not racist but come on – it’s about being Great.” Here’s another colleague’s Facebook page: Savages and gypsies crowding up our schools and hospitals; The EU wants to ban our kettles. Here’s a psychological definition of scapegoating: the projection of unwarranted blame, hostility, or suspicion onto another individual or group (often to avoid self-confrontation). Here’s Walid at the college where I now teach English, during practice of comparative adjectives: “The people here are less racist than in my country and I am more safe.” His classmate: “It’s safer. But really? Are you sure?” Here’s a student’s example of the passive voice: “I was verbally abused on a bus because I spoke in my own language on the phone.” [The passive is used when the agent of the action is unknown, or unimportant, or so general as to be evident already.] Here’s the vocabulary I wipe from the board: xenophobia, hate crime, deportation, belonging. Here’s revision of modal verbs in the past: “They shouldn’t have allowed the vote because now it seems okay to hate us.” Here’s the third conditional: “If I had known, I wouldn’t have come.” Here’s how Alek pronounces European Solidarity Corps, a youth programme for cross-continent social action: European Solidarity Corpse. Here’s Liana: “You’re not like the others because you ask about our poetry and books instead of pickpockets and cleaners.” Here’s Ajita: “It can always get worse.”
These shards are all I can offer to reflect.
… mówiąc o księżycu, Leopardi dobrze wiedział, o czym mówi.
Italo Calvino, Lekkość, przeł. A. Wasilewska
Płaską, izometryczną mapę świata zastąpiła nienormalna topografia, w której Shannon leży bliżej Katowic niż Brukseli, Fuerteventury czy Madrytu. We Francji Ryanair latał do Beauvais i Carcassonne. Czy były to dwa szczególnie turystyczne kierunki? Czy też stawały się turystyczne tylko dlatego, że zostały wybrane przez Ryanair?
Michel Houellebecq, Mapa i terytorium, przeł. B. Geppert
Mówiąc o Europie, nie czuję się jak Leopardi. A jednocześnie – jak większość osób urodzonych w Polsce w latach 80. XX wieku – wiem, na czym polega Europa i jak działa. To może jedyne pytania, na jakie da się odpowiedzieć, nie popadając ani w patos, ani w popłoch. Nie – czym ona jest, lecz co z nami robi. Podobnie można dziś pisać o sztuce – odsuwając pytanie o jej istotę, przemyśliwać różne jej implikacje.
Dla mnie, jedną z najbardziej oczywistych, narzucających się konsekwencji istnienia Europy jest jej tradycja literacka. Przepastna i niewyczerpana, mieszcząca w sobie teksty ekstatyczne i lakoniczne, nihilistyczne i interwencyjne, banalne i surrealne. Niemożliwa do opanowania – o czym wiadomo przynajmniej od czasu Encyclopédie ou dictionnaire raisonné des sciences, des arts et des métiers, od zawsze – w obu znaczeniach słowa „opanować”.
Równie szybko przychodzi do głowy inny skutek istnienia wspólnoty czy pewnej całości europejskiej – to, co można nazwać nową topografią. Tę „nową Europę” zwiedziłam, jak wielu podobnych do mnie turystek i turystów, latając Ryanairem i jeżdżąc Flixbusem, zazwyczaj sama, pozbawiona obaw i większych pieniędzy, wyposażona w ciekawość, aplikację z mapką i niewielkie stypendium. Nie wydaje mi się, żeby nowa topografia, wyrysowana przez tanich przewoźników i polski akces do Unii, zasługiwała na miano „nienormalnej”, jak chciałby Houellebecq. Dzięki podróżom urealniło się to, o czym wcześniej czytałam, i zmaterializowało to, o czym później pisałam.
Choć regularnie dochodzą nas krytyczne głosy, ba! całe publikacje, na temat masowości turystyki i migracji, także tej zarobkowej – nie umiem inaczej niż optymistycznie spojrzeć na tę post-schengenowską sieć fizycznych powiązań pomiędzy miastami i miasteczkami. Potwierdzam: tak, Shannon leży bliżej Katowic niż Madrytu. I co najmniej na gruncie geografii – jest to prawda.
Grenzen, Gräber, Gastland – eine Geografie des Glaubens, dass Menschen hier miteinander sprechen können. Und eine neue Geografie der Wanderung innerhalb Europas. Europa hat Löcher und Brüche. Verlassene Orte gehören zu ihrer Karte, wie auch Wohlstand der Privilegierten. Sowie Trauer, Erinnerung und eine Zukunft. Wanderung von Ost nach West, die so heftig ist, wie nie in der Geschichte des Kontinents.
Ich als Autorin habe mich immer für die Peripherie interessiert. Dort zu sein war für mich spannender als im Zentrum zu handeln. Empfindsamkeit entsteht mit Reisen. Zuschauen, zuhören, migrieren. In der Ukraine, Rumänien, Bulgarien, Serbien, im Kaukasus und in den Karpaten. Überall gibt es Abseits, Öde, Orte ohne Menschen oder Menschen ohne Ort, auch im Westen. Überall gibt es Menschen, die die Heimat verlassen.
Ja, Europa hat Seele, sie ist Empfindsamkeit. Wie verschieden wir sind, auch wie verschieden die politischen Entscheidungen sind. Soul, Seele, lélek (im Ungarischen) ist ein gutes Wort, wie auch das Herz als Symbol: Jeder Mensch, jeder Kontinent hat eine Seele – und die Seele ist brüchig. Es herrscht nicht nur Begeisterung. Es ist heute nicht egal, auch innerhalb der EU nicht, ob du im Westen oder im Osten lebst, Nord und Süd kommen noch hinzu. Wie weit du wandern musstest, um ein besseres Leben zu haben. Wir sehen gerade die Probleme der EU, und diese sind genauso wichtig, wie es der Glaube an ein blutendes Zusammenwachsen des Kontinents gegen 1989 war.
Jeder Mensch hat einen Glauben an die Zukunft, auch Politiker tragen dafür Verantwortung. Die Länder, aus denen die Menschen verschwinden, geraten plötzlich in Gedankenkrisen. Die Länder, in denen plötzlich Migranten präsent sind, können genauso empfindlich reagieren. Politik wird häufig nach Wirtschaftsinteressen gemacht. Ich weiß nur, dass in meinem Land Ungarn die westliche Wirtschaft sehr präsent ist, als Konsequenz des Neoliberalismus sind heute besonders die Frauen verarmt; sie betrifft die Krise unmittelbar, doch wir haben kaum Politikerinnen im Parlament. Alte Parteien verschwinden, neue kommen hinzu, Orte und Menschen bleiben. Es ist eine Trauerkrise, kein Demokratiedefizit. Ich bin stabil Europäerin – und stimme nicht für eine entleerte Bedeutung des Kontinents.
Kamen unsere West-Verwandten zu Besuch in die DDR, gebrauchten sie mitunter merkwürdige Redewendungen. Zum Beispiel sagten sie: „Morgen fahren wir zurück nach Deutschland.“ Wer in Charkiw, Kazan oder Sarajewo lebt, wird heute genauso unangenehm berührt sein wie ich damals, wenn wir heute von Europa sprechen und dabei die EU meinen.
„Der Amerikaner, der den Kolumbus als erster entdeckte, machte eine böse Entdeckung“, schreibt Lichtenberg. Europäer außerhalb Europas zu entdecken, war tatsächlich keine gute Entdeckung. Ein verantwortliches Handeln, das dieses verübte Unrecht anerkennt, drückt sich verschieden aus: als Kontrolle der Lieferketten für importierte Produkte, als Kampf gegen die EU-Agrarsubventionen, die in afrikanischen Staaten die Märkte für einheimische Bauern zerstören oder in der Diskussion über die Rückgabe von Museumsbeständen an die Herkunftsländer.
Ich lebte länger in der Kleinstadt Altenburg südlich von Leipzig. Dort gab es vor einigen Jahren eine Ausstellung mit dem Titel „Altenburg – Provinz in Europa“. Der Titel ist der Ausdruck eines europäischen Selbstverständnisses, das allerdings nur dann eine Chance hat, wenn ich in europäischen Angelegenheiten mindestens genauso mitbestimme wie auf nationaler Ebene. Das Parlament, das wir jetzt wählen, ist von diesem Anspruch noch um einiges entfernt. Und: „Seit der EuGH das Verbot marktverzerrender staatlicher Beihilfen an Unternehmen auch auf öffentliche Einrichtungen der Daseinsvorsorge erstreckt hat, kann kein Mitgliedstaat mehr selbst bestimmen, was er dem Markt überlassen und was er in Eigenregie übernehmen will.“ (Dieter Grimm) Deshalb gilt es jene Kräfte zu unterstützen, die bereit sind, die EU zu demokratisieren und ihren neoliberalen Wirtschaftskurs zu stoppen.
Et la voix cassée de Theresa May devant la chambre des Communes, prenant acte du deuxième refus de son accord sur le Brexit est apparue comme la métaphore de l’Europe. Une voix éraillée, ayant peine à se faire entendre, répétant les mêmes choses, s’arc-boutant sur l’acquis, refusant de changer, d’évoluer, répétant, il n’y a pas d’autre possibilité. Pas d’autre possibilité que ce qui existe, pas d’autre chemin que celui que nous suivons. Ce chemin dans les temps actuels ? Montée de l’extrême-droite, ouverture à tous vents des frontières commerciales mais fermeture à tous ceux que le sort force à quitter leur pays. Union monétaire et non fédérale. Chacun son budget et ses dettes, chacun pour soi.
L’Europe a besoin d’orthophonistes pour restaurer sa voix. Pour nous dire d’arrêter de penser que tout est à jamais acquis. D’arrêter de croire que les générations d’avant ont fait le travail et que nous n’avons qu’à en récolter les fruits, qu’à recueillir l’héritage.
L’Europe a besoin de grammairiens. Qui nous apprennent à ne plus parler au conditionnel passé - nous aurions voulu. Ni au plus-que-parfait - nous avions cru. Le passé - l’espoir qu’il y avait, aux débuts du Marché Commun. Le conditionnel - les rêves qui en naissaient. Le futur - l’avenir qui se dessinait d’un continent paisible et uni sans avoir renoncé à la diversité de ses paysages et de ses langues. L’éventail des temps et des modes nous sont refusés, il ne nous reste que le présent.
L’Europe a besoin de linguistes, d’écrivains, qui donnent aux choses leur véritable nom - danger, repli. Et peut-être qu’après la disparition, à la fois de l’obstination et des rêves, après la fin du hiatus entre les discours et les faits, peut-être que l’Europe retrouvera une voix claire et que l’union du continent deviendra réalité.
Und die gebrochene Stimme der Theresa May vor dem Unterhaus, als sie die zweite Ablehnung ihres Übereinkommens zum Brexit zur Kenntnis nahm, erschien wie die Metapher Europas. Eine heisere Stimme, die Mühe hatte, sich Gehör zu verschaffen, dieselben Dinge wiederholte, sich auf das Erreichte versteifte, sich weigerte, etwas zu verändern, sich zu entwickeln, die wiederholte, es gäbe keine andere Möglichkeit. Keine andere Möglichkeit als das, was ist, keinen anderen Weg als den, den wir gehen. Was ist dieser Weg derzeit überhaupt? Der Aufstieg des Rechtsextremismus, die allumfassende Öffnung wirtschaftlicher Grenzen und ihre Schließung für all jene, die das Schicksal dazu zwingt, ihr Land zu verlassen. Eine Währungsunion, aber keine Föderation. Jedem sein Budget und seine Schulden, jeder für sich.
Europa braucht Logopäden, um seine Stimme wiederzufinden. Um uns zu sagen, dass wir aufhören sollen zu denken, alles sei für immer gesichert. Dass wir aufhören sollen zu glauben, die früheren Generationen hätten die Arbeit getan und wir könnten nun einfach nur die Früchte ernten, das Erbe einsammeln.
Europa braucht Grammatiker. Die uns lehren, nicht mehr im Konjunktiv der Vergangenheit zu sprechen – wir hätten gewollt. Und auch nicht im Plusquamperfekt – wir hatten geglaubt. Die Vergangenheit – die Hoffnung die da war, in den Anfängen des gemeinsamen Markts. Die Möglichkeitsform – aus der die Träume in die Welt kommen. Die Zukunft – das Morgen eines friedlichen und geeinten Kontinents, das sich abzeichnete, ohne auf die Diversität seiner Landschaften und Sprachen zu verzichten. Die Palette der Tempora und Modi wird uns verweigert, es bleibt uns nur noch die Gegenwart.
Europa braucht Linguisten, Schriftsteller, die die Dinge bei ihrem tatsächlichen Namen nennen – Gefahr, Abschottung. Und vielleicht dann, nach dem Verschwinden sowohl der Verbissenheit als auch der Träume, nach dem Ende der Kluft zwischen dem, was gesagt, und dem, was getan wird, vielleicht dann wird Europa wieder eine klare Stimme finden und die Einheit des Kontinents Realität werden.
Übersetzung: Doris Eibl
Cred că nu există doar o singură Europă.
Există mai multe, mereu, în același timp.
Pentru unii, Europa e țara tuturor iluziilor și visurilor, pentru alții, a cruntelor dezamăgiri.
A contradicțiilor și a paradoxurilor.
A identităților, minorităților, democrațiilor, birocrațiilor, a tuturor teoriilor.
Sinceră și fățarnică. Idealistă și pragmatică. Vulnerabilă și puternică.
Locul unde s-au născut ideile cele mai luminoase și mai progresiste, dar și cele mai nimicitoare utopii totalitariste. Fascism, națism, comunism. Cenzură și libertate. Drepturile omului și alte drepturi.
Patria valorilor umaniste. Dar și a celor mai crunte războaie mondiale.
Conservatoare sau avangardistă.
Corupție, indiferență versus generozitate, solidaritate.
Europa de Est, de Vest, de Centru, de sus, de jos.
O Europă despărțită de o Cortină de fier și unită de primejdia invadatorilor numeroși.
A înțelepciunii și a superficialității, autodistructivă și constructivă.
Europa celor mai multe capodopere de tot felul pe metru pătrat.
A migrației cu „e”, și cu „i” înainte, Europa de unde mulți pleacă și în care mulți vin.
A speranțeor și a blazării.
A problemelor mari și mici. Dar și a tuturor soluțiilor.
Inteligentă, inocentă, vetustă, poetică, tolerantă.
Umană, fantastică, dramatică, profundă, curajoasă, monumentală, umilă, rafinată, sărăcăcioasă, deprimată, optimistă.
Dar și în momentele ei grele și în acelea fericite, Europa rămâne la fel de incredibil de frumoasă, în marele centru sau în necunoscutele periferii, frumusețea ar fi punctul comun, în care se întâlnesc toate Europele, din toate timpurile, de toate credințele și condițiile.
Iar cultura europeană este cea mai valoroasă carte de vizită a acestui spațiu.
Cu o carte în mână, și un extraterestru este european.
Wir leben in einer Union (wie ironisch doch mittlerweile dieses „Union“ anmutet), die sich von derjenigen, die wir einst gewohnt waren, mit dem „Europäischen Paradigma“ zu verbinden, entfremdet hat. Bürgerdemokratie und soziale Gerechtigkeit, Schutz vor Armut und Ungleichheit, Chancengleichheit im Hinblick auf soziale Mobilität und den Zugang zu Kultur und Bildung, Arbeits- und soziale Rechte, Toleranz der Differenz, Niederlassungsfreiheit sowie Sozialstaat sind Begriffe, die schon längst nicht mehr auf der Agenda stehen, aus dem öffentlichen Diskurs weitestgehend verdrängt wurden und in die permanente Defensive geraten sind.
Europa hat sich in eine gefährliche, reaktionäre, von einem überbordenden Nationalismus und Ökonomismus („economism“) geprägten Erstarrung des politischen Denkens hineinmanövrieren lassen und nahezu sämtliche sozialpolitischen Merkmale eingebüßt, die das Modell Europa einst aus der Weltkarte der Gesellschaftsverträge hervorstechen ließ.
Die Flüchtlingsmisere sowie die ökonomische, soziale und humane Krise der letzten Jahre scheint selbst den Wunsch der europäischen Bürger, ihr Schicksal miteinander zu teilen, ausgehöhlt zu haben. Und doch sind das nur die Symptome des Problems. Die tiefsitzende, in allen europäischen Ländern verbreitete und unsere Gegenwart durchdringende und maßgeblich bestimmende Angst resultiert aus der Auflösung des lange vorherrschenden Selbstverständnisses, dass sich mit fortschreitender Zeit Fortschritt, größerer Wohlstand und zunehmendes Glück einstellen würden. Ab dem Augenblick, ab dem dieses Axiom der Erwartung (bzw. der positiven Erwartungshaltung, A. d. Ü.) in sich einstürzt, ab dem Augenblick, ab dem die Mehrheit der Europäer ihre Zukunft ungünstiger einschätzen als ihre Vergangenheit und zur Überzeugung gelangen, dass ihre Kinder ein schlechteres Leben haben werden als sie selbst, wird die ideologische Prämisse obsolet, auf der eine Union beruhte, die (zumindest in der Theorie) alle ihre Bürger dazu aufrief, gleichberechtigt am kollektiven Unterfangen der Gestaltung des Lebens mitzuwirken. Die in den letzten Jahren in den europäischen Gesellschaften zu beobachtenden, ebenso abstoßenden wie den inneren Zusammenhalt zersetzenden Phänomene (Nazismus, Islamophobie, Rassismus, Homophobie etc.) sind nichts anderes als Reflexe dieser Angst.
Wir müssen einen neuen Weg einschlagen, um die Angst loszuwerden. Wir müssen dem, was wir als Bedrohung empfinden, mit Mut und Courage entgegentreten. Wir müssen uns selbst heilen. Unsere neue Parole mag wie folgt lauten: „Ich werde mich nicht fürchten.“
Übersetzung aus dem Griechischen: Theo Votsos
Ζούμε σε μια Ένωση (μόνον ειρωνικά ακούγεται πλέον αυτό το: «Ένωση») ξένη προς εκείνη που είχαμε κάποτε συνηθίσει να σχετίζουμε με το «Ευρωπαϊκό παράδειγμα». Η δημοκρατία των πολιτών, η κοινωνική δικαιοσύνη, η προστασία από την φτώχεια και την ανισότητα, οι ίσες ευκαιρίες κοινωνικής κινητικότητας, πρόσβασης στην εκπαίδευση και την κουλτούρα, τα εργασιακά και κοινωνικά δικαιώματα, η ανεκτικότητα της διαφοράς, η ελευθερία της εγκατάστασης καθώς και το κράτος πρόνοιας, είναι έννοιες που βρίσκονται εκτός ατζέντας και υπό διαρκή διωγμό. Η Ευρώπη έχει οδηγηθεί σε μια επικίνδυνη, αντιδραστική αγκύλωση της πολιτικής σκέψης που χαρακτηρίζεται από εθνικισμό και οικονομισμό (economism) και έχει απολέσει σχεδόν το σύνολο των κοινωνικοπολιτικών χαρακτηριστικών που διέκριναν την Ευρώπη στον παγκόσμιο χάρτη των κοινωνικών συμβολαίων.
Η οικονομική, κοινωνική, ανθρωπιστική και προσφυγική κρίση των τελευταίων ετών μοιάζει να έχει διαβρώσει την ίδια την φιλοδοξία των Ευρωπαίων πολιτών να μοιραστούν τις τύχες τους. Κι όμως, τα παραπάνω είναι μόνο συμπτώματα. Ο βαθύς, γενεσιουργός φόβος, που καλύπτει όλες τις ευρωπαϊκές χώρες και καθορίζει το παρόν μας, είναι ότι έχει πάψει να θεωρείται αυτονόητο ότι η πάροδος του χρόνου θα συνεπιφέρει πρόοδο, μεγαλύτερη ευημερία και περισσότερη ευτυχία. Από τη στιγμή που καταρρέει αυτό το αξίωμα της προσδοκίας, από τη στιγμή που οι περισσότεροι Ευρωπαίοι πείθονται ότι το μέλλον τους θα είναι δυσχερέστερο από το παρελθόν τους και ότι τα παιδιά τους θα ζήσουν χειρότερα από τους ίδιους, εξαϋλώνεται η ιδεολογική συνθήκη πάνω στην οποία ιδρύθηκε μια Ένωση η οποία καλούσε (θεωρητικά) όλους τους πολίτες της να μετάσχουν ισότιμα στη συλλογική προσπάθεια διαμόρφωσης του βίου. Τα αποκρουστικά και διαλυτικά φαινόμενα των ευρωπαϊκών κοινωνιών (ναζισµός, ισλαµοφοβία, ρατσισµός, οµοφοβία... κλπ) δεν είναι τίποτε άλλο από αντανακλάσεις αυτού του φόβου.
Χρειαζόμαστε ένα νέο τρόπο απαλλαγής από τον φόβο. Πρέπει να αντικρίσουμε με θάρρος αυτό που αισθανόμαστε ως απειλή. Οφείλουμε να θεραπεύσουμε τους εαυτούς μας. Το νέο μας σύνθημα ας είναι: «Δεν θα φοβηθώ».
Vor einigen Jahren schenkte mir ein deutscher Kollege, von dem ich soeben einen Roman übersetzt hatte, ein „Alpenpanorama“, wie es auch ein Liebespaar in seinem Buch besaß: eine Landkarte, auf der nicht nur der ganze Alpenbogen, sondern auch das, was südlich der Alpen ist, aus der Vogelperspektive zu sehen war. Wie ich mich wunderte, als ich zum ersten Mal mein Geburtsland von jener erhöhten Nordwarte aus betrachtete! Bis zu jenem Zeitpunkt war meine geografische Vorstellung Italiens, warum auch immer, genau umgekehrt gewesen: von Süden nach Norden. Plötzlich war mir klar, was ich in meinem jahrelangen Umgang mit der deutschen Welt noch nie begriffen hatte: So sieht also Italien für meine deutsche Bekanntschaft aus, ja – wie ich sofort verallgemeinern wollte – für alle Nordeuropäer, die irgendwann in ihrem Leben eine italienische Reise erwogen oder machten. Italien als Süden im Kopf: wie befremdlich! Moment mal: Etwa wie Deutschland als Norden im Kopf? Und Spanien als Westen? Dieser Gedanken erstreckte sich im Nu auf den ganzen Kontinent, den ich, seitdem ich ihn grenzenlos bereisen durfte, als einen offenen Lebensraum zu schätzen gelernt hatte. Ist das also Europa, ein ständiger, nicht gleichzumachender Perspektivenwechsel? Und wenn dieses räumliche Kriterium auch für die Zeitdimension gilt, dann muss wohl die europäische Geschichte genauso unterschiedlich, ja gegensätzlich in den Köpfen arbeiten. Fazit: Spannung überall. Was für ein lebendiges, vielfältiges, streitfähiges Territorium! Und welch unverzichtbare Kunst, wie ich noch heute denke, ein solches Gebilde politisch zusammenzuhalten. Gälte es denn nicht, an einem solchen Meisterstück auch diejenigen teilhaben zu lassen, die aus Krieg und Armut flüchten und nach Europa möchten? Es kann nur noch spannender werden.
Ich glaube, es gibt nicht nur ein Europa.
Es gibt mehrere, ständig, zur gleichen Zeit.
Für manche ist Europa das Land der Illusionen und Träume, für andere, jenes derber Enttäuschungen.
Das Land der Widersprüche und Paradoxe.
Der Identitäten, Minderheiten, Demokratien, Bürokratien, aller möglichen Theorien.
Ehrlich und heuchlerisch. Idealistisch und pragmatisch. Verletzlich und stark.
Der Ort, an dem die hellsten und fortschrittlichsten Ideen geboren wurden, genau so aber die destruktivsten totalitären Utopien.
Faschismus, Nationalsozialismus, Kommunismus. Zensur und Freiheit. Die Menschenrechte und andere Rechte.
Das Heimatland humanistischer Werte. Aber auch jenes der grausamsten Weltkriege.
Konservativ oder avantgardistisch.
Korruption, Gleichgültigkeit gegenüber Großzügigkeit, Solidarität.
Osteuropa, Westeuropa, Zentraleuropa, Ober-Europa , Unter-Europa.
Ein Europa, durch einen Eisernen Vorhang getrennt und wiedervereint durch die Gefahr zahlreicher Invasoren.
Ein Europa der Weisheit und der Oberflächlichkeit, selbstzerstörerisch und konstruktiv.
Ein Europa der meisten, vielfältigsten Meisterwerke pro Quadratmeter.
Der Migration, mit einem „E" oder „I“ davor, ein Europa, aus dem viele gehen und in das viele kommen.
Ein Europa der Hoffnungen und der Gleichgültigkeit.
Der großen und der kleinen Probleme. Aber auch aller möglichen Lösungen.
Intelligent, unschuldig, verstaubt, poetisch, tolerant.
Menschlich, fantastisch, dramatisch, tiefgründig, mutig, monumental demütig, raffiniert, armselig, deprimiert, optimistisch.
Europa bleibt aber in ihren schweren Momenten wie in ihren glücklichen immer noch unglaublich schön, in ihrem großen Zentrum oder in den unbekannten Peripherien, - die Schönheit findet in einem gemeinsamen Punkt zusammen, in dem alle Europas aufeinander treffen, aus allen Zeiten, aus allen Glaubensrichtungen und Umständen.
Die europäische Kultur ist dabei die wertvollste Visitenkarte dieses Raumes.
Mit einem Buch in der Hand wird auch ein Außerirdischer zum Europäer.
Übersetzung: Ilinca Florian
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Visto da qui, dalla sua superficie, il continente Europa sembra sempre più un fantoccio rappezzato, un bambolotto composito e torto che una bimba cresciuta abbia abbandonato, un vecchio mostriciattolo sul cui corpo inerte ci affanniamo noi, microrganismi smarriti, ormai incapaci - ma da quando? - di riconoscerci l’un l’altro.
Visto da qui, il continente Europa non appare minacciato tanto dall’esterno, da germi e lacerti di popolazioni nuove, diverse, fuggite, che approdano allo stremo sul suo corpo inerte, quanto dal suo stesso interno, da noi microrganismi smarriti che, incapaci di riconoscerci l’un l’altro, non sappiamo fare altro che temere nel nuovo il diverso, e nel diverso una minaccia più grande di noi: di noi che il timore dell’abbandono sta trasformando in mostri. Ma l’abbandono è già avvenuto, la politica ha abdicato, regnano ormai da sole le leggi di un vorace, insinuante artificio, abilissimo nel farsi credere natura: la legge del più forte tradotta in sistema di scambio. Così avviene che, sullo sfondo di questa biologia fasulla, che ci nutre di malie mentre depreda la pelle morente che abitiamo, rendendoci più poveri, non troviamo altro scongiuro che respingere altri poveri, più poveri di noi. Questa è la nostra pelle!, urliamo spaventati, non perché stia morendo, ma per serbare l’esclusiva della nostra agonia. Non è allo sfondo che rivolgiamo le nostre urla di rifiuto, non all’artificio predatore, ma ad altri smarriti, più smarriti di noi: i soli che, nel comune smarrimento, potrebbero aiutarci ad abbattere lo sfondo artificiale e tornare a riconoscerci l’un l’altro, tutti quanti. I soli che potrebbero aiutarci a salvarci la pelle. Giacché non vi è emergenza legittima al di fuori dell’emergenza di specie.
Non vi è paura sensata al di fuori della paura di estinguersi. Non vi è frontiera difendibile che non sia quella fra la vita e la morte. E non vi è crisi se non quella dei valori di uguaglianza e fratellanza, che permettono alla specie di governare la paura e di rendere più umana e accettabile la sola, fatale frontiera entro la quale viviamo, tutti quanti, sul grande pupazzo del mondo, fra le braccia perenni del cosmo.
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