Veranstaltungen 2009

Kurt Drawert, Ilma Rakusa, Erika Wimmer

Ort: Literaturhaus

Lyrik aus der Offizin S.: Liebe

2006 begann Siegfried Höllrigl in seiner Offizin S. – Werkstatt für Literatur, Typographie und Graphik mit der Reihe Lyrik aus der Offizin S. Die handgesetzte und handgedruckte Ausgabe gestaltet jeweils drei Bände pro Reihe. Nach den Themen „Reise“ und „Musik“ ist sie in ihrer dritten Auflage dem Thema „Liebe“ gewidmet. Dafür stellte Ilma Rakua dreizehn Neunzeiler unter dem Titel Ich bin dein Nest, du bist mein Fest bereit; Erika Wimmers Gedichtband trägt den Titel Schau ich hinüber zu dir. Der Autor des dritten Gedichtbandes, Kurt Drawert, legt unter dem Titel Komm wieder, Traum. Liebesgedichte aus drei Jahrzehnten vor.

Zum Konzept der Reihe gehört eine in den Umschlag eingelegte, herausnehmbare Graphik im Format der Edition, nummeriert und signiert.

    Briefwechsel zwischen Ingeborg Bachmann und Paul Celan

    Ort: Literaturhaus

    Moderation: Hans Höller, Christa Gürtler

    Es liest: Eleonore Bürcher

    Der Briefwechsel zwischen Ingeborg Bachmann und Paul Celan, der sich über den Zeitraum von 1948 bis 1961 erstreckt, ist ein bewegendes Zeugnis: zunächst als das Gespräch einer Liebe nach Auschwitz, mit allen symptomatischen Störungen und Krisen aufgrund der so konträren Herkunft der beiden und ihrer schwer zu vereinbarenden Lebensentwürfe als Frau und als Mann und als Schreibende. Es ist aber auch ein Ringen um Freundschaft oder um wenigstens irgendeine Beziehung.

    Hans Höller, Mitherausgeber des Briefwechsels, Professor für Germanistik an der Universität Salzburg. Verfasser zahlreicher Bücher zur zeitgenössischen Literatur, Mitherausgeber der Thomas-Bernhard-Werkausgabe und der Jean-Améry-Ausgabe.

    Christa Gürtler, Studium der Germanistik, Kunstgeschichte und Publizistik, lebt in Salzburg als freie Verlagslektorin, Literaturwissenschafterin und Geschäftsführerin des Salzburger Literaturforums Leselampe und der Zeitschrift salz.

    Eleonore Bürcher, Ensemblemitglied am Tiroler Landestheater.

    Herzzeit. Ingeborg Bachmann – Paul Celan. Der Briefwechsel. Mit den Briefwechseln zwischen Paul Celan und Max Frisch sowie zwischen Ingeborg Bachmann und Gisèle Celan-Lestrange. Herausgegeben und kommentiert von Bertrand Badiou, Hans Höller, Andrea Stoll und Barbara Wiedemann. Suhrkamp 2008

      Lukas Bärfuss und Johannes Gelich

      Ort: Literaturhaus

      Moderation: Thorsten Ahrend

      Was macht Menschen zu Komplizen der Macht? Diesem Thema spüren Lukas Bärfuss und Johannes Gelich auf unterschiedlichste Weise und in unterschiedlichsten Kontexten nach.

      Lukas Bärfuss’  minutiös recherchierter Roman Hundert Tage spielt in Ruanda, im April 1994, und handelt von den Verwicklungen der Schweizer Entwicklungshilfe in Diktatur und Völkermord. Er berichtet von Menschen, die das Gute beabsichtigen und das Böse mittragen und erzählt ein dunkles Kapitel aus Afrikas Geschichte, in das „der Westen“ tiefer verstrickt ist, als er glaubt.

      Johannes Gelich stellt in seinem Roman Der afrikanische Freund mit bohrender Intensität unser Selbstverständnis in Frage. Ein morbides Kammerstück, eine „verstörend furiose Camus-Überschreibung“ (SZ).

      Thorsten Ahrend, langjähriger Lektor für deutschsprachige Literatur bei Suhrkamp, seit 2005 Programmleiter und Gesellschafter bei Wallstein.

      Lukas Bärfuss: Hundert Tage. Roman. Wallstein 2008

      Johannes Gelich: Der afrikanische Freund, Wallstein 2008

        Ann Cotten, Sepp Mall, Margareth Obexer

        Ort: Literaturhaus

        Moderation: Martin Hanni

        Scheitern in der Literatur
        Präsentation der Literaturzeitschrift filadrëssa

        Das „Scheitern“ war schon immer ein ambivalentes, jedoch durchwegs produktives Prinzip von Literatur, von künstlerischem Schaffen überhaupt. Ihm ist die neue Ausgabe der ambitionierten Südtiroler Literaturzeitschrift filadrëssa gewidmet. Zahlreiche Autorinnen und Autoren sowie bildende Künstler haben einen Beitrag zum Thema verfasst. Unter der Moderation von Martin Hanni, der die Ausgabe kuratiert hat, lesen Margareth Obexer, Ann Cotten sowie Sepp Mall, letzterer Gedichte von Klaus Menapace.


          Ulrich Peltzer

          Ort: Literaturhaus

          Moderation: Ekkehard Hey-Ehrl

          Teil der Lösung ist ein hochaktueller Roman, der in einem rasanten Ineinander von einzelnen Szenen abbildet, wie bruchstückhaft und vielfältig Wirklichkeit ist. Kontrollierter Raum und spielerische Störmanöver, Decknamen und Spitzel, geheime Treffen und präzise Attentate auf den Alltag: Subtil verbindet Ulrich Peltzer eine störrische Liebesgeschichte mit der Beobachtung neuer politischer Bewegungen in einer Grammatik der Überwachung. Christian, einer der Protagonisten, schlägt sich mit journalistischen Gelegenheitsaufträgen durch. Mitte dreißig, hat er die Zeit des bewaffneten Widerstands gegen die Staatsmacht nur noch als Echo miterlebt. Für eine Story sucht er Kontakt zu untergetauchten Ehemaligen der Roten Brigaden. Zunächst aber trifft er auf Nele: Von einer geheimnisvollen Wut getrieben, bewegt sich die hochbegabte Studentin durch den Jahrhundertsommer 2003. Was mit ein paar ruppigen Zufallsbegegnungen eher harmlos beginnt, entwickelt sich zu einer heftigen und verqueren Anziehung, deren Ausgangspunkt im neuen Berlin liegt und die ihren Show-down in den Arabervierteln von Paris erlebt.

          Ekkehard Hey-Ehrl, Studium der Germanistik und Geschichte, lebt als Buchhändler in Innsbruck.

            Louis Begley

            Ort: Leokino, Anichstr. 36

            Eintritt: 5 Euro
            In Kooperation mit 8ung Kultur
            Eine Kooperation mit Linz 2009 Kulturhauptstadt Europas und dem StifterHaus

              Sherko Fatah

              Ort: Literaturhaus

              Moderation: Christa Kofler

              Unter welchen Lebensbedingungen kann islamischer Extremismus entstehen? Wie können die Erscheinungsformen, seine Verführungsmacht und die Folgen aussehen? Sherko Fatah erzählt im Roman „Das dunkle Schiff“, in einem „asketischen Realismus“ die Lebensgeschichte des jungen irakischen Kurden Kerim. Es ist eine Geschichte von "Gewalt und Glauben", der Verführung eines jungen Menschen zum Gotteskrieger und seine Flucht  nach Deutschland. Bemüht, in der Fremde ein neues Leben zu beginnen, kann er die Vergangenheit nicht abschütteln, vielmehr scheint diese sich fortwährend auf ihn zuzubewegen.

              Christa Kofler, geboren 1959, Studium der Geschichte und Romanistik, unterrichtet derzeit in Schwaz.

              Sherko Fatah: Das dunkle Schiff. Roman (Jung und Jung 2008)

                Jakob Wassermann im Porträt

                Ort: Literaturhaus

                Vortrag, Lesung und Film von Thomas Kraft 

                Jakob Wassermann (1873–1934), Sohn eines jüdischen Spielwarenfabrikanten aus Fürth, zählt zu den Meistern der psychologisch-realistischen Darstellung und war einer der meistgelesenen Autoren in der Weimarer Republik. Viele seiner Romane wurden zu internationalen Bestsellern, wie Caspar Hauser oder Der Fall Maurizius. Anlässlich seines 75. Todestages erschien die erste klassische Biografie Wassermanns (dtv 2008), herausgegeben von Thomas Kraft. Im Rahmen der Buchpräsentation wird nach dem Vortrag von Thomas Kraft ein Film zu Jakob Wassermann zu sehen sein, der mit vielen Originalfotos die Lebensstationen des Autors dokumentiert.

                Thomas Kraft, geboren 1959 in Bamberg, promovierter Germanist, war Programmleiter des Literaturhauses München und arbeitet heute als freier Literaturkritiker und Organisator kultureller Veranstaltungen.

                  Dubravka Ugresic

                  Ort: Literaturhaus

                  Moderation: Evi Binder

                  „Baba Jaga ist eine böse und hässliche Greisin, der man nachsagt, sie fresse kleine Kinder. Sie ist eine mythische ‚Episodengestalt‘ und hat oft eine Schlüssel-, nie jedoch eine Hauptrolle. Bei der Entscheidung, sie zu meinem Thema zu machen, ließ ich mich vielleicht von einem Gerechtigkeitsgefühl leiten oder aber auch von dem kindlichen Wunsch, in Baba Jagas Hütte hineinzuschauen, hinter den Spiegel zu sehen.“ So schildert Dubravka Ugresic ihren Ansatz zum Buch Baba Jaga legt ein Ei – und entstanden ist eine geistreiche und intelligente Geschichte über drei alte Damen, die ganz nebenbei zu einer Beschreibung des 20. Jahrhunderts, seiner Konflikte und Bruchstellen wird. Im zweiten Teil breitet Dubravka Ugresic auf amüsante Weise die Früchte ihrer volkskundlichen Studien aus und liefert damit ihrer Erzählung die mythopoetische Grundierung nach. Ein Tipp: Lesen Sie nach dem zweiten Teil noch einmal den ersten, und es werden Ihnen die Augen aufgehen!


                  Dubravka Ugresic: Baba Jaga legt ein Ei. Roman. Berlin 2008

                    Maria E. Brunner

                    Ort: Literaturhaus

                    Traumfabrik mit schmutzigen Füßen – ein ungeschönter weiblicher Blick auf ein Land zwischen Traditionalismus und radikalem Umbruch: „Es ist ein Geruch, der Indien ausmacht. Moder. Meer. Rauch. Abgase. Aasgeruch.“ Maria Brunners Texte sind Skizzen von indischen Städten, Straßen und Universitäten, Slums und Meditationszentren – poetische Annäherungen an die mitunter grausame Realität, polemisch, reflexiv und kontrastreich wie das Land selbst. Vor dem historischen Hintergrund gewähren sie einen parteiischen weiblichen Einblick in das heutige Indien: Modern India – in the hands of fate.

                    Maria E. Brunner: Indien. Ein Geruch. Erzählungen. Folio 2009

                      Rudolf Habringer

                      Ort: Literaturhaus

                      Moderation: Johann Holzner

                      Anlässlich des legendären Finales der Schach-Weltmeisterschaft zwischen Boris Spasski und Bobby Fischer fährt der junge Österreicher Richard Behrend 1972 zum ersten Mal nach Island. Durch Zufall stößt er dort auf die Spuren des Musikers Karl Wallek, der 1938 mit seiner Familie aus Graz fliehen musste und in Island ein Zuhause und berufliche Anerkennung fand. Walleks Geschichte lässt Behrend von da an nicht mehr los, und er begibt sich auf Spurensuche in Island und Österreich. Dabei erlebt er, wie das Schicksal des Exilanten Wallek – eine Geschichte der Flucht, der Einsamkeit und des Neuanfangs – zum Spiegel seines eigenen Lebens wird, denn auch er wird schließlich Bekanntes hinter sich lassen und auf Island einen neuen Beginn wagen. Habringer erzählt in seinem großen Entwicklungsroman nicht nur von leidenschaftlichen Gefühlen und ihren möglichen Auswirkungen auf das Leben eines jungen Menschen, sondern auch von nicht bewältigter Vergangenheit, deren Konsequenzen bis in die Gegenwart reichen.


                      Rudolf Habringer: Island-Passion. Roman. Picus 2008

                        Perikles Monioudis & Peter Weber

                        Ort: Literaturhaus

                        „Er wußte, daß es unter Umständen, die vielleicht seine Umstände waren, nur eine Generation dauert, bis der Flüchtling zum Flaneur wird.“  So reflektiert der Protagonist in Perikles Monioudis’ Roman Land. Auf der Suche nach den griechischen Vorfahren und deren geheimnisvolles Rezeptbuch begibt er sich auf eine zeitgemäße Odysse im mediterranen Raum.

                        Wie die Randzonen Europas historisch und kulturell zusammenhängen, wie Heimischsein und Fremdsein in einer globalisierten Welt: sinnliche Eindrücke in einer kühl beobachtenden Sprache verdichten sich zu einer Reflexion über Identität.

                        Der Autor liest aus Land (2007, Ammann) sowie aus Die Stadt an den Golfen (2006, Rimbaud).

                        Publikationen (zuletzt): Bahnhofsprosa (2002), Die melodielosen Jahre (2007, beide Suhrkamp).

                          Bücher im Gespräch

                          Ort: Literaturhaus

                          Ein Diskussionsabend über Neuerscheinungen auf dem Büchermarkt in diesem Frühling.

                          Der Journalist (orf) und Literaturkritiker Günter Kaindlstorfer diskutiert mit der Autorin Irene Prugger, dem Literaturkritiker Stefan Gmünder (Der Standard) und der Literaturwissenschaftlerin Evelyne Polt-Heinzl über den Debütroman Verlangen nach Drachen der österreichischen Autorin Verena Roßbacher (Kiepenheuer und Witsch), über Eugenie Kains Erzählband Schneckenkönig (Otto Müller) sowie über den neu übersetzten, in Bukarest 1993 erschienenen Roman Nostalgia von Mircea Ca˘rta˘rescu (Suhrkamp).

                            Daniela Danz und Ulrike Draesner

                            Ort: Literaturhaus

                            Moderation: Gabriele Wild

                            In ihrem Gedichtband berührte orte wirft Ulrike Draesner das sprachliche Netz nach wirklich bereisten Orten aus, fischt nach den historischen, religiösen und medialen Phantasmen von Städten wie Damaskus oder Casablanca und lässt deren Wirklichkeit die Sprache in Schwingung versetzen. Kluge Beobachtung, der Mut, sich Fremdem zu öffnen, gehören dafür ebenso zum Handwerkszeug wie der findungsreiche Umgang mit Sprache und Dichtungstradition.

                            Das lyrische Sprechen von Daniela Danz in ihrem Gedichtband Pontus greift weit aus, in die Zeiten, zurück ins Archaische, Mythische, und es führt in entfernte Weltgegenden, die doch merkwürdig nah liegen. Daniela Danz befragt die Bruchstellen: von Tradition und Moderne, von Europa und Orient, von Wasser und Land. Die Dinge, die sie auf ihren poetischen Reisen „findet“, rücken in ein verzaubertes Licht, sie werden zu phantastischen Orten neuer Erinnerungen.

                            Ulrike Draesner: berührte orte. Luchterhand 2008

                            Daniela Danz: Pontus. Gedichte. Wallstein 2009

                              Bruno Schulz im Porträt

                              Ort: Literaturhaus

                              Moderation: Christoph W. Bauer

                              Gespräch mit der Übersetzerin Doreen Daume.

                              Bruno Schulz, geboren 1892 als Sohn eines jüdischen Tuchhändlers im galizischen Drohobycz, studierte Architektur und verdiente seinen Lebensunterhalt als Kunstlehrer an einem Gymnasium seiner Heimatstadt. 1942 wurde er auf offener Straße von einem GestapoMann erschossen. Mit seinem durch Sprachbilder bestechenden Roman Die Zimtläden wurde Schulz 1934 auf einen Schlag berühmt. Der Roman, einer der großen Kindheitsgeschichten des 20. Jahrhunderts, erzählt von der versunkenen Welt des Schtetls in Galizien.
                              C.W. Bauer porträtiert an diesem Abend den Autor, liest aus seinen Werken und spricht mit der Übersetzerin Doreen Daume, die für die Neuübersetzung der Zimtläden mit dem renommierten Zuger Übersetzungsstipendium ausgezeichnet wurde.

                              Doreen Daume, geb.1957, Studium der Musik (Klavier) und der Musikpädagogik. Unterrichtstätigkeit an diversen Schulen und Musikschulen, seit 1999 freie Übersetzerin von polnischer Literatur, vorwiegend Lyrik und Drama, u.a. Czeslaw Milosz, Ewa Lipska, Mariusz, Grzebalski, Piotr Sommer, Andrzej Kopacki.

                                Semier Insayif

                                Ort: Literaturhaus

                                Moderation: Klaus Zeyringer

                                Entlang arabischer Worte, Zeichen und Satzfetzen, die wie aus einem Nebelschleier auftauchen, begibt sich der Erzähler in Semier Insayifs Roman fārūq auf den Weg zu seinen Wurzeln. Dieser führt ihn nach Bagdad, in jene Stadt, aus der der Vater sich ein halbes Jahrhundert davor nach Wien aufgemacht hatte. Die Erinnerung führt ihn in die Heimat des Vaters, lässt ihn in eine fremdvertraute Sprache und Kultur eintreten.

                                Semier Insayif erzählt in rhythmisierter Prosa, in einem Strom von Handlungssträngen, die an und abschwellen, sich überlagern und kommentieren. Erinnerung wird zu Sprache, Sprache wird zu Erinnerung, sie fließen ineinander zu einer literarischen Reise zwischen den Kulturen, zu einem eindringlichen Bild von Heimat und Fremde.

                                Semier Insayif: fārūq  Roman. Haymon 2009

                                  Vortrag: „Lobst du mich, dann lob‘ ich dich.“

                                  Ort: Literaturhaus

                                  Wie Bücher rezensiert und Literaturpreise vergeben werden

                                  Seit einiger Zeit ist es Mode geworden, das Ende der traditionellen Literaturkritik heraufzubeschwören und deren abnehmenden Einfluss zu beklagen. Von einer wachsenden „Boulevardisierung“ ist die Rede, von Willkürlichkeit und Beliebigkeit im Rezensionswesen. Der Vortrag skizziert die aktuelle Lage der Literaturkritik im deutschsprachigen Raum und befasst sich mit den gängigsten Klischees dieser Ausprägung des Kulturpessimismus. Er beleuchtet Rolle und Bedeutung der Literaturkritik aus der Sicht von Autoren, Kritikern und Verlegern. Eine exemplarische Analyse gilt dabei dem Umgang mit Daniel Kehlmanns neuem Roman Ruhm. In einem zweiten Schritt beleuchtet Rainer Moritz die Art und Weise, wie Literaturpreise vergeben werden und wie sie Wirkung generieren – oder verpuffen. Der seit 2005 vergebene Deutsche Buchpreis wird dabei im Zentrum stehen.

                                  Rainer Moritz, 1958 geboren in Heilbronn, leitet das Literaturhaus Hamburg. Er ist promovierter Literaturwissenschaftler und war von 1989 bis 2004 im Verlagswesen tätig, zuletzt als Programmchef des Hoffmann und Campe Verlags. Seit 1983 ist er Literaturkritiker, derzeit vor allem für Neue Zürcher Zeitung, Die Welt, Die Presse, Deutschlandfunk und Deutschlandradio Kultur. Er ist Autor zahlreicher Publikationen, darunter zuletzt Die Überlebensbibliothek (2006) und Ich Wirtschaftswunderkind (2008).

                                    Aleksandr Churgin

                                    Ort: Literaturhaus

                                    Moderation: Christine Engel

                                    Studenten und Studentinnen des Instituts für Slawistik präsentieren ihre Übersetzungen von Texten des Autors Aleksandr Churgin.

                                    Der russische Autor Aleksandr Churgin erzählt mit einem Augenzwinkern scheinbar alltägliche Begebenheiten aus dem neuen Russland und aus der Ukraine, die er pointiert zuspitzt und mitunter mit einen satirisch-phantastischen Anstrich versieht. Dabei nimmt er die Denkstrukturen seiner Figuren aufs Korn, die allzu oft noch in der sowjetischen Vergangenheit wurzeln. Inspirationen dafür findet er überall und sei es auf einer Busfahrt, die ihm zum Beispiel die Anfangssequenz für seine Erzählung Ein städtisches Objekt von strategischer Bedeutung beschert.

                                    Aleksandr Churgin wurde 1952 in Moskau geboren. Er arbeitete lange als Tiefbauingenieur – auch nachdem er als Autor schon große Erfolge hatte. Für sein literarisches Werk wurde er mehrfach ausgezeichnet und seine Erzählungen erschienen nicht nur in Russland und in der Ukraine, sondern auch in Deutschland, Frankreich und Spanien. Vor einigen Jahren übersiedelte er nach Deutschland und lebt heute in Chemnitz, wo er auch die Erfahrungen seiner russischen Mitbürger literarisch verarbeitet.

                                    Am Institut für Slawistik der Universität Innsbruck hat eine Gruppe von Studierenden mit Prof. Christine Engel einige der Kurzgeschichten Churgins in die deutsche Sprache übertragen, die an diesem Abend mit entsprechender Musik präsentiert werden. Einen passenden Ausklang findet die Lesung mit einem russischen Buffet.

                                      Elke Erb, Barbara Hundegger, Raphael Urweider, Urs Engeler

                                      Ort: Literaturhaus

                                      Moderation: Urs Engeler

                                      Ein Projekt im Rahmen der innsbrucker potentiale
                                      Lyrik deutsch-deutsch übersetzt

                                      In der Deutsch-Deutschen Übersetzungswerkstatt unternehmen deutschsprachige Dichter den Versuch, nicht aus einer Fremdsprache zu übersetzen, sondern Gedichte ihrer ebenfalls deutschsprachigen Autorenkollegen in ihre eigene deutsche Sprache zu „übertragen“. Diese Übertragung wird im Sinne einer Nachdichtung, einer persönlichen Nachempfindung der poetischen Sprache des anderen Dichters verstanden. Zwölf Autorinnen und Autoren sind der Einladung, unter anderem vom Verein 8ungKultur, gefolgt, die poetischen Welten ihres Gegenübers intensiv zu beleuchten und in die eigene Sprache zu übertragen. Vier davon sind am Abend präsent: Raphael Urweider und Elke Erb sowie Barbara Hundegger und Urs Engeler, der die Texte von Oswald Egger, dem „Gegenpart“ von Barbara Hundegger, lesen wird. Außerdem wird Engeler den Abend einleiten und das Gespräch moderieren.

                                       

                                        Ermanno Cavazzoni

                                        Ort: Literaturhaus

                                        Moderation: Gerhild Fuchs

                                        Lesung auf Deutsch: Johann Nikolussi

                                        Originell, schräg, hintergründig und umwerfend komisch – so lauten wohl die häufigsten Zuschreibungen an Ermanno Cavazzonis Texte. Die häufig absurde Komik, die der Bologneser Autor zu inszenieren versteht, ist nie laut oder aufdringlich. Ganz im Gegenteil handelt es sich um einen leisen, dabei hochgebildeten und reflektierten Autor, der von einer konstanten Abwehrhaltung gegen alles Hochtrabende und Gelehrte in der Literatur angetrieben wird und sich daher bevorzugt den entlegenen, befremdlichen und verwunderlichen Seiten des Alltagslebens zuwendet. Der Autor präsentiert am Abend Kostproben aus Vite brevi di idioti und Gli scrittori inutili.

                                         

                                          Buchpräsentation mit Ruth Esterhammer, Fritz Gaigg und Markus Köhle

                                          Ort: Literaturhaus

                                          Das Handbuch österreichischer und Südtiroler Literaturzeitschriften 1970– 2004 und die Publikation Kultur- und Literaturzeitschriften aus Tirol und Südtirol 1945– 2007 (erschienen im StudienVerlag 2008 bzw. 2009) sind das Ergebnis zweier langjähriger, am Institut für Germanistik durchgeführter Forschungsprojekte. Jeder Eintrag im großen Handbuch, das knapp 400 Zeitschriften verzeichnet, enthält neben ausführlichen bibliographischen Informationen einen Abriss über ihre Geschichte und Ausrichtung und ist somit Basis für die Erforschung österreichischer Zeitschriften- und Literaturgeschichte.

                                          Das Tirolbuch zeichnet Tirols Zeitschriftengeschichte seit 1945 nach, enthält aber auch 66 Zeitschriftenporträts sowie 15 Interviews mit ZeitschriftenexpertInnen.

                                          Über ihre Projektarbeit und Forschungsergebnisse erzählen Ruth Esterhammer und Fritz Gaigg, Markus Köhle wird aus dem Handbuch lesen. Im Anschluss laden sie zur Diskussion über ihren Forschungsgegenstand ein.

                                            Urban Comploj, Dorothee Elmiger und Oliver Kluck

                                            Ort: Literaturhaus

                                            Moderation: Gabi Wild

                                            Wo fängt das Dorf an und wo hört es auf? In Inzing, Appenzell oder auf Rügen? Gibt es Neues zu berichten vom Landleben, von ruralen Ereignissen, wo steckt die Angst vor der Provinz? Was stellt das Dorf mit uns an? Unter dem Titel DORF unternehmen acht Autorinnen und Autoren einen Spaziergang durch ländliche Gebiete, sie denken nach über die Provinz, erkunden das literarische Hinterland und klettern auf einen Berg.

                                            Urban Comploj aus Österreich, Dorothee Elmiger aus der Schweiz und Oliver Kluck aus Deutschland lesen ihre Texte aus der DORF-Anthologie, die in diesem Frühjahr erschienen ist.

                                             

                                              Lydia Mischkulnig und Sabine Scholl

                                              Ort: Literaturhaus

                                              www.tinternational.net

                                              „Tinternational Textunternehmen Sabine Scholl & Lydia Mischkulnig“ – so ist auf der Startseite zum Projekt der beiden Autorinnen zu lesen. Und: „Wir, die Autorinnen, komponieren im Wechselgesang. Wir, Orpheus und Eurydike in einem zu zweit, springen über unsere Schatten. Wir eröffnen Ideen, indem wir Geschichten STÜCKELN - nicht ZERstückeln. Geschrieben werden darf alles, was in den Sinn kommt - beglaubigte und unglaubliche Sätze. Sprache ist das Werkzeug, um einander zu hören, zu verstehen, sich in eine Geschichte zu schwingen. Wer will, kann mitschwingen. Der Gewinn für den Leser liegt in der Möglichkeit, diese Entgrenzung mit zu leben. Die Unwahrheit ist den Menschen zuzutrauen. Die Welt ist, was der Unfall ist. Solipsismus ist eine Kraft, Solipsismus zu überwinden.“

                                              Am Abend werden Scholl und Mischkulnig aus den Werken lesen, die aus dem gemeinsamen Schreibprojekt hervorgegangen sind. Bereits 3 Bände ihres 5-bändigen Monumentalwerks Böhmische Bibel. Unheilige Schrift für Puppen sind im Wieser Verlag erschienen.

                                              Ein literarisches Sinnenfest, fiktiv, irreal und trotzdem geografisch vorhanden. Lassen Sie es sich nicht entgehen!

                                               

                                                Clemens Berger und Lorenz Langenegger

                                                Ort: Literaturhaus

                                                Moderation: Christine Riccabona

                                                Jede der fünf Erzählungen von Clemens Berger handelt von Menschen, die eine große Sehnsucht nach einem intensiveren Leben antreibt. Gehen sie ihrem Drang nach, ein Leben jenseits der Alltagserfahrungen zu erkunden, droht die Gefahr zu entgleisen. Die Erzählungen kreisen um Passionen, gespielte und wirkliche, und rücken die von ihnen Heimgesuchten in ein überscharfes, fast schon unwirkliches Licht. Das Geschehen steuert wie von selber auf eine erlösende Katastrophe zu; die Geschichten verfügen so über eine markante, überraschende Schlusspointe.

                                                „Der Humor, die Doppelbödigkeit, die lapidare Sprache, auch die Zärtlichkeit gegenüber seinen Helden erinnern mich an einen großen Geschichtenerzähler des vergangenen Jahrhunderts, den Deutschen Johannes Bobrowski.“ (Erich Hackl)

                                                Clemens Berger, 1979 geboren, lebt in Wien. Studium der Philosophie und Publizistik. Von ihm erschienen u.a. Der gehängte Mönch (2003), Paul Beers Beweis (2005) und Die Wettesser (2007).

                                                Lorenz Langenegger erweist sich in seinem ersten Roman als ein höchst aufmerksamer Begleiter seines Alltags-Helden. Jakob Walter gehört zu den Unscheinbaren, sein Leben verläuft in geordneten Bahnen, und was ihm widerfährt, sind keine dramatischen Ereignisse. Eine kleine Abweichung von dieser Routine und mit der Selbstverständlichkeit ist es aus: Seine Frau fährt übers Wochenende zu ihren Eltern, seine Schildkröte ist gestorben, und jetzt beschäftigt ihn auch noch die Frage, weshalb er ausgerechnet in Bern lebt.

                                                Walters Reise beginnt. Sie dauert drei Tage, führt ihn von Bern nach Locarno und wieder zurück, und darin steckt eine ganze Welt. Es sind die Momente der Verstörung, der Sehnsucht und des Trostes mit denen der Autor seinem Jakob Walter die Seele gibt, die dieser sich selber kaum zugestanden hatte.

                                                Lorenz Langenegger, geboren 1980. Lebt und schreibt in Zürich. Er studierte Theater- und Politikwissenschaften, hat viele Theaterstücke geschrieben die erfolgreich aufgeführt wurden und ist Mitglied der Autorengruppe „Die Autören“.

                                                Clemens Berger: Und hieb ihm das rechte Ohr ab. Erzählungen. Wallstein Verlag. 2009

                                                Lorenz Langenegger: Hier im Regen. Roman. Jung und Jung 2009

                                                  Michael Stavarič

                                                  Ort: Literaturhaus

                                                  Moderation: Erika Wimmer

                                                  Ein Mann, der Ich-Erzähler, liebt eine Frau, die mit einem anderen Mann zusammenlebt und mit ihm ein Kind hat, was nichts daran ändert, dass sie sich immer wieder treffen und nach einander verzehren. Aber da gibt es auch noch die andere Frau, die den Ich-Erzähler vergöttert und alles für ihn tun würde, aber auch alles von ihm verlangt. In seinem vierten Roman Böse Spiele (2009, Beck)  entwickelt Michael Stavarič ein ebenso kunstvolles wie packendes Arrangement, eine gleichzeitig durchaus realistische und doch geradezu bühnenartige Szenenfolge, die einen vollkommen in den Bann zieht. Der ewige Geschlechterkrieg wird mit originellen und wuchtigen Bildern bedacht, betörend, intelligent und mit großer emotionaler Kraft zieht einen Stavaričs Roman in den Abgrund der Liebe. Ein kluger und zugleich ergreifender Roman.

                                                  Michael Stavarič: Böse Spiele. Roman. Beck 2009

                                                    Soma Morgenstern im Porträt

                                                    Ort: Literaturhaus

                                                    Vortrag und Lesung von Christoph W. Bauer

                                                    Soma Morgenstern wurde am 3. Mai 1890 in einem ostgalizischen Dorf bei Tarnopol am Sereth als jüngstes von 5 Kindern geboren. 1912 nahm er das Jurastudium an der Wiener Universität auf, welches er nach der Unterbrechung durch den Kriegsdienst an der Ost- und Südostfront 1921 beendete. In der Hoffnung, sein Leben als Theaterkritiker bestreiten zu können, übersiedelte er Mitte der zwanziger Jahre nach Berlin, wo er 1927 eine Stelle bei der Frankfurter Zeitung erhielt. Durch die Arier-Bestimmung des NS-Schriftleitergesetzes verlor Morgenstern seine Stelle und floh nach Paris ins Exil. Bei Kriegsbeginn wurde er verhaftet und interniert, konnte aber nach Südfrankreich entkommen und sich schließlich über Marseille, Casablanca und Lissabon nach New York retten. Am 17. April ist Soma Morgenstern in New York gestorben.

                                                    C. W. Bauer porträtiert an diesem Abend den Autor und wird aus folgenden Werken lesen: Alban Berg und seine Isolde, Joseph Roths Flucht und Ende, In einer anderen Zeit und Der Tod ist ein Flop.

                                                      Waltraud Mittich

                                                      Ort: Literaturhaus

                                                      Eine geglückte Sozialisation im zweisprachigen und im trinationalen Kontext, das ist eigentlich eine Selbstverständlichkeit, möchte man meinen, wird aber im immer wieder aufgeladenen politischen Klima um Südtirol als Ausnahme verhandelt, als etwas beinah Subversives, wenn man es zur literarischen Triebfeder macht wie Waltraud Mittich. Im vorliegenden zweisprachigen Essay bilden die Schauplätze Berlin, Wien, Rom und Palermo Verortungen, um dem Leben und Schreiben in parallelen Welten nachzuspüren. Die Erzählerin rührt mit ihren Reflexionen jedoch nicht nur an reale und fiktive Orte, sondern wird auch getragen von anderen Wan­derern zwischen den Welten: Ingeborg Bachmann, E.T.A. Hoffmann, Giuseppe Tomasi di Lampedusa oder Marisa Fenoglio.

                                                      Waltraud Mittich: Topographien. Topografie. Ein Essay. Zweisprachige Ausgabe. Ins Italienische übersetzt von Giancarlo Mariani. (Raetia 2009)

                                                        Adele Stürzl im Porträt von Rosmarie Thüminger

                                                        Ort: Literaturhaus

                                                        Rosmarie Thüminger: Mit offenen Augen. Adele Stürzl. Eine Annäherung. (TAK - Tiroler Autorinnen und Autorenkooperative 2009).

                                                        Adele Stürzl wurde 1892 in Wien geboren. Die Eltern stammten aus dem südböhmischen Bezir Znaim. Nach einer harten Kindheit und Jugendjahren als Dienstmagd in Südböhmen kehrt sie nach Wien zurück. Hier kommt sie in Kontakt mit der Sozialdemokratischen Arbeiterbewegung, der sie sich mehr und mehr zugehörig fühlte. In Budapest lernt sie ihren Mann kennen. Mit ihm zieht sie nach dem Ende des Ersten Weltkriegs nach Kufstein in Tirol. Sie schließt sich der KPÖ an und ist nach dem Anschluss Österreichs politisch aktiv im Widestand. 1942 wurde sie von der Gestapo verhaftet, im Juni 1944 in München-Stadelheim hingerichtet.

                                                        Auf engagierte, respektvolle und einfühlam recherchierte Weise begibt sich Rosmarie Thüminger in ihrem Buch auf die Lebensspuren von Adele Stürzl, von der Kindheit bis zu ihrem Tod. Sie nähert sich deren Bewegründe, Hoffnungen und Überzeugungen und zeichnet so das Porträt einer mutigen Frau.

                                                         

                                                          Sabine Groschup und Peter Oberdörfer

                                                          Ort: Literaturhaus

                                                          Moderation: Irene Prugger

                                                          Das Böse und die Brüchigkeit der gesellschaftlichen Realität: Krimis scheinen für Gesellschafts- und Medienkritik prädestiniert zu sein. In Peter Oberdörfers Mauss dreht sich alles vordergründig um die Suche nach einem Serienmörder, während Sabine Groschup lüstern in die Erzählklischees der sogenannten Provinzkrimis greift: Ermittelt wird in Innsbruck und Wien.

                                                          Sabine Groschup: Teufels Küche. Roman. (Czernin 2009)

                                                          Peter Oberdörfer: Mauss. Roman. (Raetia 2008)

                                                            Gerhard Meier im Porträt

                                                            Ort: Literaturhaus

                                                            Moderation: Werner Morlang

                                                            Ausgehend von den „Amrainer Gesprächen“ wird Werner Morlang an diesem Abend über den großen stillen Schweizer Autor Gerhard Meier sprechen. Geboren 1917 in Niederbipp, im Kanton Bern, arbeitete Meier nach einem Ingenieursstudium in einer Lampenfabrik und wandte sich erst als vierzigjähriger endgültig der Schriftstellerei zu. Meier war Verfasser von Gedichten, lyrischer Kurzprosa und Romanen. Zu seinen bekanntesten Werken gehörten der 1982 erschienene Roman Borodino. Fünf Jahre nach der Ballade vom Schneien beendete Meier mit Land der Winde 1990 die Baur und Bindschädler-Tetralogie und erntete dafür hohe Auszeichnungen. Gerhard Meier starb am 22. Juni 2008.

                                                            Werner Morlang, geboren 1949 in Olten, lebt als freischaffender Germanist, Literaturkritiker und Buchautor in Zürich. Übersetzer aus dem Englischen u. a. von Frank Budgen, Eric Ambler und John Cowper Powys. Während acht Jahren Leiter des Zürcher Robert Walser-Archivs und seit 1981 Mitherausgeber von Walsers mikrografischem Nachlass.