Veranstaltungen 2011

Frank Klötgen

Ort: Literaturhaus

Zum Abschluss seines Aufenthalts in Innsbrucks als Writer in Residence gibt der Autor, Poetry Slammer, Netzliterat und Musiker Frank Klötgen noch einmal Kostproben seines vielseitigen Schaffens, blickt zurück auf seine Zeit in Innsbruck und präsentiert Ergebnisse der im Rahmen des Writer in Residence-Programms abgehaltenen Lehrveranstaltung zu Performance Poetry an der Universität Innsbruck.

In Kooperation mit dem Writer in Residence 2011-Programm der Philologisch-Kulturwissenschaftlichen Fakultät der Universität Innsbruck

    Sabine Gruber

    Ort: Literaturhaus

    Als ihre Freundin Ines in Rom plötzlich stirbt, reist Clara Burger aus Stillbach in Südtirol an, um Ines’ Haushalt aufzulösen. Dabei entdeckt sie ein Romanmanuskript, das im Rom des Jahres 1978 spielt, dem Jahr der Entführung und Tötung Aldo Moros. Darin beschreibt Ines offenbar ihre eigene Ferienarbeit vor mehr als dreißig Jahren als Zimmermädchen im Hotel Manente, schreibt von Liebe, Verrat und Subversion, erzählt aber die Geschichte ihrer Chefin Emma Manente, die seit 1938 in Rom lebt und zum Leidwesen ihrer Südtiroler Familie einen Italiener geheiratet hat. War sie tatsächlich Johann aus Stillbach versprochen gewesen, der 1944 bei einem Partisanenanschlag in Rom getötet worden war? Und ist der Historiker Paul, den Clara in Rom kennenlernt, der Geliebte von Ines aus jenem Jahr? Wie wirken die Spannungen um Südtirol und seine Zugehörigkeit seit der NS-Zeit und dem Faschismus bis heute nach? In ihrem neuen Roman erzählt Sabine Gruber von der Verflechtung persönlicher und historischer Ereignisse, von Verrat und Verbrechen, von Sehnsucht, Wahrheit und neuer Liebe.

    Sabine Gruber: Stillbach oder die Sehnsucht. Roman. C.H.Beck 2011

      Alberto Manguel

      Ort: Literaturhaus

      Moderation: Alejandro Boucabeille

      Reading: a passion

      Vortrag und Gespräch in englischer Sprache



       

        Alberto Manguel

        Ort: Literaturhaus

        Moderation: Elia Eisterer-Barceló

        Lesung auf deutsch: Johann Nikolussi

        Alberto Manguel lässt seine Leserinnen und Leser in die Welt der Literatur, die eigentlich aus unzähligen Kosmen besteht, eintauchen. Im deutschsprachigen Raum wurde er Ende der Neunziger Jahre des vorigen Jahrhunderts schlagartig mit Eine Geschichte des Lesens berühmt, eine Liebeserklärung an die Bücher, aber auch der Versuch, die Liebe zwischen den Menschen und dem Lesen und Schreiben quer durch alle Zeiten, Kontinente und Religionen zu erklären. Auf kenntnisreiche und vergnügliche Weise vereint Manguel sein großes enzyklopädisches Wissen mit der eigenen Biographie.

        „Der König der Leser“ (Ulrich Greiner) ist auch Verfasser von Erzählungen und Romanen. Zuletzt erschien 2010 sein Roman Alle Menschen lügen, ein literarisches Vexier- und Verwirrspiel, in dessen Mittelpunkt ein verloren gegangenes Manuskript steht. Hier reiht sich Manguel in eine besonders in der spanischsprachigen Literatur ausgeprägten Tradition ein, in der Bücher und Bibliotheken zu Protagonisten von fiktiven Texten werden, in denen Realität und Surrealität, Fiktion und Fantasie ineinander fließen. Ebenso wie in seinen Essays, erweist sich Manguel als politisch wacher Schriftsteller.

        Alberto Manguel: Alle Menschen lügen. Roman. Fischer 2010

          Junge Texte: Aus der Schreibwerkstatt mit Bernhard Aichner

          Ort: Literaturhaus

          Moderation: Bernhard Aichner

          Das Literaturhaus am Inn hat im letzten halben Jahr erstmals eine Schreibwerkstatt für Jugendliche angeboten. In drei Terminen arbeiteten neun Jugendliche unter der Leitung von Bernhard Aichner an der Entstehung von literarischen Texten. Herausgekommen sind neun Geschichten, die unterschiedlicher nicht sein können. Von tragisch bis heiter, von lustig bis romantisch, die Bandbreite der Texte, die zu hören sein werden, ist groß: Ein spannender, abwechslungsreicher Abend mit neuen Talenten am Tiroler Literaturhimmel ist garantiert!

          Es lesen: Linda Achberger (*1992), Max Allinger-Csollich (*1996), Bernd Kramer (*1999), Jana Kranebitter (*1999), Alena Riha (*1993), Valentin Rottensteiner (*1994), Julia Schaidreiter (*1991), Christina Stolz (*1994) und Selina Willinger (*1995).

            Krista Hauser

            Ort: Literaturhaus

            Kulturjournalismus zwischen Zentrum und Peripherie

            Mit Horst Christoph, Michael Klein und Erika Wimmer

            Krista Hauser hat zwischen 1965 und 2000 die Kultur in Tirol und ganz Österreich beobachtet und vermittelt: als Kulturchefin der Tiroler Tageszeitung, dort auch verantwortlich für die kulturpolitische Beilage horizont, und als Kulturredakteurin und Filmerin beim ORF in Wien. Sie hat zahlreiche Artikel, Essays und Beiträge für die Zeitung, für Zeitschriften und Kataloge verfasst und eine Vielzahl dokumentarischer Künstlerporträts und Themenfilme gedreht, dazu noch einige Bücher herausgebracht: Ein höchst intensives Arbeitsleben, in dem sich 30 Jahre österreichischer Kunst, Architektur und Literatur spiegelt.

            Aus Anlass ihres 70. Geburtstages erscheint eine Monografie über das vielfältige Engagement einer Tiroler Journalistin und Kulturvermittlerin. Horst Christoph (Profil) und Michael Klein (Innsbrucker Zeitungsarchiv) sind eingeladen, als Wegbegleiter Krista Hausers mit der Autorin Erika Wimmer über die kulturpolitisch spannenden Jahre 1970–1980 (und darüber hinaus) zu diskutieren, eine Zeit, in der die Journalistin in der hiesigen Kulturszene kräftig mitmischte.

            Erika Wimmer: Krista Hauser – Kulturjournalistin und Dokumentarfilmerin. Ein Porträt .Studienverlag 2011

             

              Maja Haderlap

              Ort: Literaturhaus

              Maja Haderlap erzählt in ihrem Debütroman die Geschichte eines Mädchens, einer Familie und zugleich die Geschichte eines Volkes, der Kärntner Slowenen. Erinnert wird eine Kindheit in den Kärntner Bergen und der Versuch eines heranwachsenden Mädchens, ihre Familie und die Menschen in ihrer Umgebung zu verstehen. Zwar ist der Krieg vorbei, aber in den Köpfen der slowenischen Minderheit, zu der die Familie gehört, ist er noch allgegenwärtig. Erst nach und nach lernt das Mädchen, die Bruchstücke und Überreste der Vergangenheit in einen Zusammenhang zu bringen und aus der Selbstverständlichkeit zu reißen und schließlich als (kritische) junge Frau eine Sprache dafür zu finden.

              Für einen Auszug aus diesem Roman gewann die Autorin den diesjährigen Ingeborg-Bachmann-Preis.

              Maja Haderlap: Engel des Vergessens. Roman. Wallstein 2011

                Mit Barbara Hundegger, Christian Ide Hintze, Erika Kronabitter

                Ort: Literaturhaus

                Moderation: Petra Ganglbauer

                Schreiben lehren im Kontext des eigenen poetologischen Standorts

                Die an diesem Abend versammelten Beitragenden sind nicht nur AutorInnen und KünstlerInnen, sondern auch Lehrende im Bereich Sprach-Kunst und im Kontext des kreativen Schreibens. Barbara Hundegger, Christian Ide Hintze und Erika Kronabitter geben in dem, von Petra Ganglbauer moderierten Gespräch, Einblick in ihre Schreib-Genese und machen ihre Sicht des Lehrens unter Einbeziehung ihres eigenen poetologischen Standorts transparent. Untersucht und hinterfragt werden einserseits die ästhetisch-formalen wie auch politischen Zugänge zum Schreiben und andererseits die gesellschaftliche Relevanz der literarischen bzw. kreativen Schreib-Lehre.

                  Martin Kubaczek

                  Ort: Literaturhaus

                  Moderation: Joe Rabl

                  In drei verschiedenen Erzählräumen versucht Martin Kubaczek seinen Protagonisten, den Vater, festzuhalten: Im ersten Teil lässt er ihn unkommentiert erzählen, wie ihm „das Erzählen das Leben gerettet hat“; im zweiten Teil erinnern sich die Eltern, im zunehmend aussichtslosen Ringen mit dem körperlichen Verfall an die Leidenschaft ihrer Beziehung ebenso wie an die bedrückenden, unaussprechbaren Erlebnisse in der Nazizeit. Im Vergleich der vom Vater gemalten Aquarelle zum Schweizer Berg Rigi mit denen seines Vorbilds William Turner, stellt sich im dritten Teil die Frage nach dem Richtigen und dem Realen, die sich als eine der Tages- und Jahreszeiten, der Lichtverhältnisse, der Wahrnehmung und der Perspektive erweist.

                  Martin Kubaczek: Die Knie meiner Mutter und mein Vater im Krieg. Roman. Folio Verlag 2011

                   

                    Evelyn Schlag

                    Ort: Literaturhaus

                    Moderation: Bettina Wörgötter

                    Oktober 1956: Nahe der Grenze fallen Schüsse, Blut fließt. Schnell ist der Traum von der großen Freiheit in Ungarn vorbei. István Földesch flüchtet mit seiner Frau Etelka und dem Sohn László über die grüne Grenze. In einer Molkerei findet die Familie rasch Arbeit. Viele Jahre später begegnen sich der Rechtsanwalt Valentin Görtz aus Österreich und der Ungar László Földesch an einer Tankstelle. Obwohl sie sich nie zuvor gesehen haben, sind ihre Biographien eng miteinander verknüpft. Görtz findet heraus, dass sein Vater einst der Anwalt des Molkereidirektors war, und auch bei seiner Lebensgefährtin Katharina setzt László Erinnerungen in Gang. Ein Roman über vermeintliche Zufälle und den dynamischen Sog von Vergangenheit und Erinnern.

                    Evelyn Schlag: Die große Freiheit des Ferenc Puskás. Roman. Zsolnay 2011

                      Zurück zur Natur – nur, zu welcher?

                      Ort: Literaturhaus

                      Moderation: Martin Sexl

                      Das komplexe Wechselverhältnis von Natur und Kultur/Zivilisation soll in diesem Montagsfrühstück zur Diskussion gestellt werden.
                      Es diskutieren der Schriftsteller und Musiker Hans Platzgumer und Josef Nussbaumer.


                      Oft sprechen wir wenn es um Armut, atomare Unfälle, Klimawandel oder andere schreckliche Konsequenzen menschlichen Handelns geht von „Unglück“ oder „Katastrophen“, als ob solche Ereignisse „ganz natürlich“ über den Menschen hereinbrechen würden und nicht von diesem gemacht wären. Natur kann so gesehen in der gesellschafts-politischen und medialen Rhetorik als Argument dienen, um menschliches Handeln zu entschuldigen. Parallel dazu scheint es ein sehr starkes menschliches Bedürfnis und eine Sehnsucht nach einer „natürlichen Natur“ zu geben, die einen Rückzugsort bildet, der frei ist von zivilisatorischen Überformungen und technologischen Eingriffen, welche die Erde ja zunehmends an den Rande eines Kollapses zu führen scheinen. Diese „natürliche Natur“ ist jedoch vielleicht nicht mehr als unberührte Wildnis denkbar, die es schon lange nicht mehr gibt, sondern als in irgendeiner Form deformierte Natur. Exemplarisch wird das dort deutlich, wo vom Menschen gemachte Katastrophen zu einem zivilisatorischen Versagen geführt haben und die Natur zu wuchern beginnt, wie in der Sperrzone rund um Tschernobyl oder in den von Wirbelstürmen heimgesuchten Tropen.

                        Hans Platzgumer

                        Ort: Literaturhaus

                        Juni 2011, die Geisterstadt Pripjat in der Ukraine. 1986 ist hier ein Reaktor explodiert und hat über 4000 Quadratkilometer in ein totes Gebiet verwandelt. Es gibt verseuchten Wald, verstrahlte Gebäude. Und einige Menschen. Phillipe und Soraya suchen Gott, Henry sucht wilde Tiere, Oleg, Gennadi und Artjom sind nur zum Vergnügen hier, Alexander und Igor haben nichts mehr zu verlieren. Ihre Wege kreuzen sich und jedes Leben nimmt plötzlich einen ganz anderen Verlauf. Keiner geht aus der Zone, wie er gekommen ist.

                        „Hans Platzgumers Roman ist in erster Linie eine dicht komponierte, stilistisch vielschichtige Prosa, voller Bitterkeit und Düsternis angesichts der Besessenheit des Menschen von technischem Fortschritt, und voller Skepsis gegenüber der vermeintlich allmächtigen Wissenschaft.“ (Literaturhaus Wien)

                        Hans Platzgumer: Elefantenfuß. Roman. Limbus 2011

                          Margit Schreiner

                          Ort: Literaturhaus

                          Die Tiere von Paris ist das ironische Selbstgespräch einer Alleinerziehenden, die sich und dem Leser das Dreiecksverhältnis zwischen sich selbst, ihrem Kind und ihrem Exmann schonungslos vor Augen führt. Die Erzählerin, die sich als Wissenschaftlerin und Sachbuchautorin mit Stadtgeographie, Landschaftsräumen und dem Verirren beschäftigt, bemüht sich nach der Trennung, ihren Alltag mit dem heranwachsenden Kind zu gestalten und ohne Selbstmitleid zu bewältigen. Doch die mit einem hoffnungsvollen Rückblick beginnende Geschichte gerät in einem unwiderstehlichen Sog zur Katastrophe einer Scheidungsfamilie. Zwischen den Eltern hin- und hergerissen, muss die Tochter ihren eigenen Weg finden. Der Roman spielt in Paris, Tokio, Wien und Italien und entfaltet ein weites Panorama unterschiedlicher Lebensentwürfe. Ein raffiniert schlichtes Buch über aktuelle Fragen zur Vereinbarkeit von Kind und Beruf und die Rollen von Männern und Frauen.

                          Margit Schreiner: Die Tiere von Paris. Roman. Schöffling & Co 2011

                            Jakob Kraner und Robert Schindel

                            Ort: Literaturhaus

                            Gespräch über das Studium der Sprachkunst und dessen Position im Literaturbetrieb

                            Seit 2009 bietet die Universität für angewandte Kunst Wien mit dem Studiengang Sprachkunst erstmals ein künstlerisches Bakkalaureat-Studium in der Sparte Literatur an. Das Studium umfasst Textvermittlung und Textproduktion, von der Entstehung neuer literarischer Texte über den Entwurf bis zur Niederschrift sowie die Überarbeitung und Übersetzung in allen Textgattungen und in gattungsübergreifenden Arten (http://dieangewandte.at).

                            Robert Schindel, Institutsvorstand des Instituts für Sprachkunst, spricht mit Jakob Kraner, Absolvent im dritten Jahr des Instituts, über das Studium und darüber, welche Möglichkeiten einem jungen Autor/einer jungen Autorin geboten werden können. Anschließend lesen die Autoren aus ihren Texten.

                            In Zusammenhang mit der Tagung „Ach, wie wir das Unbekannte schätzen. Rainer Maria Rilke und Erika Mitterer“, veranstaltet vom Brenner-Forum, dem Institut für Germanistik und der Erika Mitterer Gesellschaft (siehe Tipp auf der Rückseite dieses Heftes).

                              Johannes E. Trojer

                              Ort: Literaturhaus

                              Vorgestellt von den Herausgeberinnen Ingrid Fürhapter, Sandra Unterweger, Erika Wimmer.
                              Lesung und Performance: Johanna und Oswald Kollreider

                              In Zusammenarbeit mit dem Brenner-Forum

                              Die beeindruckende vierbändige Werkedition stellt den Osttiroler Autor als Feldforscher, Publizisten und Literaten in den Fokus:

                              Band 1 umfasst Trojers literarisches und journalistisches Schaffen, darunter auch seine Lyrik, die in Hinblick auf den Zeitkontext große Aussagekraft birgt. Band 2 enthält seine zeithistorischen Arbeiten wie zum Beispiel die berühmte Studie Hitlerzeit im Villgratental über den dort geleisteten Widerstand gegen das NS-Regime. Band 3 bietet u. a. eine repräsentative Auswahl von Beiträgen aus der von ihm herausgegebenen Kulturzeitschrift Turntaler, während Band 4 als Begleitband Trojers innovative methodische Denk- und Arbeitsweise dokumentiert.

                              Am Abend sprechen die Herausgeberinnen über vier Jahre Nachlass-Forschung im Spannungsfeld zwischen Volkskunde und literarischem Experiment sowie über die Arbeit des Osttiroler Autors. Johanna und Oswald Kollreider interpretieren Texte Trojers aus den einzelnen Bänden.

                              Ingrid Fürhapter, Martin Kofler, Sandra Unterweger, Erika Wimmer (Hrsg.): Johannes E. Trojer (1935–1991). 4 Bände im Schuber. Haymon 2011

                               

                                Linda Stift und Lydia Mischkulnig

                                Ort: Literaturhaus

                                Spannend wie einen Thriller und mit psychologischer Tiefe entfaltet Lydia Mischkulnig in ihrem Roman Schwestern der Angst die dramatische Geschichte einer fatalen, grenzenlosen Liebe, die in Hass umkippt.
                                Als Kinder sind Marie und Renate unzertrennlich. In einer Familie, die geprägt ist von Verlust und Misstrauen, schafft Renate für ihre Schwester eine eigene Welt aus der Sehnsucht nach Unversehrtheit und Glück. Doch dann, Jahre später, spaltet Paul ihre vermeintliche Einheit und entscheidet sich für Marie. Der Graben zwischen den beiden Frauen wird tiefer, Renates Blick auf die Welt verzerrt sich gefährlich. Sie heftet sich dem Paar an die Fersen, verfolgt ihre Schwester, überwacht sie zuerst aus der Distanz, rückt dann aber unaufhaltsam näher – bis zur letzten Konsequenz.

                                Linda Stifts Roman Kein einziger Tag handelt von dem obsessiven Wunsch nach Nähe und liest sich packend wie ein Thriller. Paul ist alles andere als erfreut, als sein anhänglicher Zwillingsbruder Paco, ein mittelmäßiger Serien-Schauspieler, zu Dreharbeiten in der Stadt auftaucht. Paco hatte ihre Trennung – sie waren als siamesische Zwillinge auf die Welt gekommen – nie akzeptiert; Paul musste mehrfach den Wohnort wechseln, um die notwendige Distanz herzustellen. Nun bricht Paco gewaltsam wieder in Pauls Leben ein. Jenny, Pauls Freundin, ist begeistert von Paco und seinen Kochkünsten. Während Paul zunehmend panisch wird, schafft es Paco in eine Fernsehshow, bei der der Gewinner eine Gratis-Schönheitsoperation bekommt. Doch auch Paul hat seine dunkle Seite …

                                Lydia Mischkulnig: Schwestern der Angst. Roman. Haymon 2010

                                Linda Stift: Kein einziger Tag. Roman. Deuticke 2011

                                  Geld: Tauschmittel, Ware, Machrsymbol?

                                  Ort: Literaturhaus

                                  Moderation: Martin Sexl

                                  Silke Meyer und Peter Rosei im Gespräch

                                  Wie reden wir über Geld? Was verbinden die Menschen emotional mit Geld? Und was ist Geld überhaupt? Eine soziale Praxis? Ein alltägliches Medium? Ein Fetisch? Eine Ware? Ein vernünftiges Instrument des Tausches? Gerade in Zeiten eines – wie es scheint – enthemmten Finanzkapitalismus sind solche und ähnliche Fragen hochinteressant. Das Montagsfrühstück wird zwar nicht das Entstehen von Finanzkrisen erklären können, allerdings kann es Raum geben, um über die Semantik des Geldes zu diskutieren und die Trennung von Ökonomie und Kultur in unserer Gesellschaft zu hinterfragen.

                                  An diesem Montagsfrühstück treffen sich der historisch-ethnographische Blick der Innsbrucker Ethnologin Silke Meyer mit dem literarisch analytischen des Schriftstellers Peter Rosei, der mit seinem Roman Geld! ein lakonisch packendes Buch, ein scharfsinnigböses Puzzle mit komödiantischen Zügen geschrieben hat und seinen Blick auf die Gegenwart unserer Gesellschaft wirft, die bis in die Lebenswürfe des einzelnen hinein in den Fängen des Kapitalismus verstrickt ist. So heißt es denn auch in Anspielung auf Schnitzlers Meisterwerk: „Der Kapitalismus ist ein weites Land.“

                                  Eine Kooperation zwischen Literaturhaus am Inn, Denkpanzer und der Abteilung für Vergleichende Literaturwissenschaft d. Universität Innsbruck

                                    Peter Rosei

                                    Ort: Literaturhaus

                                    Das Leben ist nur eine Chance, und Georg Asamer hat sie genützt: Er hat es zum Eigner einer höchst erfolgreichen Werbeagentur gebracht. Als er mit seinem Protegé Andy Sykora einen Nachfolger installiert, muss er erkennen, dass er alt geworden ist – die Geschäftsstrategien haben sich geändert … Peter Rosei führt uns in die Brennkammer jener Welt, wo auf Umwegen und doch fast gesetzesmäßig jenes Klima entsteht, in dem sich zerstörerische Wünsche mit himmelstürmenden Hoffnungen paaren.

                                    In Geld! treffen „eine zum Knochengerüst reduzierte Handlung und eine pointillistische Schilderung der Figuren aufeinander. Der eigentliche Coup aber, den das Buch landet, besteht darin, dass es das gewählte Thema an den Horizont verschiebt. Keine Wirtschafts-Apokalypse treffen wir hier an, sondern einen Erklärungsversuch ihrer Vorbedingungen.“ (Klaus Kastberger)

                                    Peter Rosei: Geld! Roman. Residenz 2011

                                     

                                      Monique Schwitter und Simona Ryser

                                      Ort: Literaturhaus

                                      Moderation: Robert Renk

                                      Simona Rysers Roman Helenenplatz ist ein modernes Märchen im Zeitalter der Onlineportale, auf denen einsame Singles auf der virtuellen Suche nach dem einzig wahren Date sind. Hanna, Treuhänderin im Burnout, sitzt wie gelähmt vor ihrem Computer, flüchtet in die Stadt, klaut in Warenhäusern, versucht Männer kennenzulernen. Ihre Sekretärin Sabine übernimmt mehr und mehr die Dossiers, jubelt ihr Dates unter und träumt selbst von der Liebe. Georg, Gamedesigner im Timeout, rennt durch die Stadt und geistert durch die Kontaktinserate auf den Bildschirmen von Hanna und Sabine am Helenenplatz.

                                      Drei moderne Stadtmenschen treffen und verpassen sich, gelenkt von der Stadt, ihren Straßen, Warenhäusern, Bürotürmen und Bildschirmen. Gelenkt von ihren Träumen einer Liebe, die länger hält als ein paar Nächte. Wunderbar musikalisch erzählt Simona Ryser von der Stadt, von der Arbeit und der Liebe.

                                      Monique Schwitters Erzählungen sind unverwechselbar. In Goldfischgedächtnis führt sie scharfsichtig und mit großem Gespür für dramatisches Timing ihre Figuren in Konfrontationen und Konflikte, die sehr schnell eine existenzielle Zuspitzung erhalten. Alles ist Handlung in diesen Geschichten (nicht zu verwechseln mit action!), ihre Personen sind nach wenigen Zeilen plastisch und lebendig, ihre Sätze sind elementar und schnörkellos. Es geht ja auch um etwas: In fast allen Geschichten blicken wir in die Schrecken von Beziehungen und Begegnungen, und fast immer ist auch von Abwesenheit und Verlust, von Sterben und Tod die Rede. Monique Schwittters Erzählungen gehen auf unerhört spannende Weise den Geheimnissen unserer Erinnerung nach, der Spannung zwischen Vergessen und Erinnern – wozu haben wir schließlich ein längeres Gedächtnis als Goldfische?

                                      Simona Ryser: Helenenplatz. Roman. Limmat 2011

                                      Monique Schwitter: Goldfischgedächtnis. Erzählungen. Droschl 2011

                                        Haikus von Christian Loidl

                                        Ort: Literaturhaus

                                        Moderation: Eva Lavric

                                        von jetzt bis jetzt.

                                        Aus dem Deutschen ins Italienische und Französische übersetzt von Studierenden der Institute für Romanistik und für
                                        Translationswissenschaft der Universität Innsbruck
                                        Begrüßung: VR Tilmann Märk
                                        Musik: Leo Scola (Gitarre)

                                        „Haikus machen ein Fenster auf in unserer Wahrnehmung, unsere Klischees und Erwartungen werden durchbrochen. (…) Aus dem Unerwarteten, Charakteristischen, Absurden kann Humor entstehen – ein feiner Humor, voll Leichtigkeit. Manche Haikus haben eine Pointe, andere nicht – aber alle machen sie etwas auf, unterbrechen den stereotypen Fluss der Gedanken, die vorgefertigten Interpretationsmuster dessen, was wir sehen, hören und denken. (...) Haikus sind ein Geisteszustand und feiern diesen, tanzen mit diesem und mit der Wirklichkeit: das frische Wahrnehmen, der Anfänger-Geist, das Zerreißen der Konditionierungen.“ (aus dem Vorwort von Eva Lavric)
                                        Der Gedichtband nachtanhaltspunkte. haiku notate von Christian Loidl diente als Vorlage für ein Übersetzungsprojekt, das 2009–2011 an der Universität Innsbruck durchgeführt wurde. Im anschließenden Schreibprojekt versuchten die Studierenden selbst, Haikus in der Fremdsprache zu verfassen. Nun sind die übersetzten und die neu verfassten Haikus in einem Band zusammengefasst und von Eva Lavric, Muryel Derlon und Carla Leidlmair-Festi bei innsbruck university press herausgegeben worden.

                                        Christian Loidl, geboren 1957 in Linz, lebte ab 1975 in Wien, wo er 2001 starb. Studium der Germanistik, Dr. phil. 1984. Ab 1985 freier Schriftsteller, Mitglied der GAV und des Podium. Arbeitsschwerpunkte Lyrik und Performance, daneben Essay, Kurzprosa, Hörspiel, Feature, Übersetzungen. Mitbegründer der Schule für Dichtung in Wien.

                                        Muryel Derlon, Eva Lavric, Carla Leidlmaier-Festi (Hg.): von jetzt bis jetzt. Haikus von Christian Loidl. innsbruck university press 2011

                                          Klemens Renoldner

                                          Ort: Literaturhaus

                                          Moderation: Johann Holzner

                                          Die scheinbar fröhliche und kraftvolle Lily stürzt sich, erst 24-jährig, von einer Brücke in den Tod. Ihr Vater, Sebastian Zinnwald, bricht daraufhin die Kontakte zur Außenwelt ab, ertränkt seine Trauer in Ohnmacht und Sprachlosigkeit. Die ältere Tochter Veronika, alleinerziehende Mutter zweier Söhne und erfolgreiche Kinderärztin in Berlin, leidet unter dem Schweigen des Vaters. Zwölf Jahre nach Lilys Tod bittet der mittlerweile 71-jährige seine Tochter Veronika um ihren Besuch. Aber die Gespräche über Lily verwandeln sich in gegenseitige Anklage. Die Trauer hat beide einsam und hart gemacht. Mit einer Hommage an Adalbert Stifters berühmte Erzählung Der Hagestolz findet die Geschichte ihr Finale in den Dinosaurier-Hallen des Museum of Natural History in New York.

                                          In der Geschichte, die Klemens Renoldner sprachlich virtuos und schonungslos offen erzählt, wechseln sich Erzählung und Dia-log, Träume und tragikomische Szenen ab; ein Verwirrspiel von Erinnerung, Fantasie, Traum und Wirklichkeit, das wir Leben nennen.


                                          Klemens Renoldner: Lilys Ungeduld. Roman. Folio 2011

                                           

                                            Körper, Technik, Natur

                                            Ort: Literaturhaus

                                            Moderation: Martin Fritz

                                            Kordula Schnegg und Bernhard Kathan im Gespräch

                                            Beim letzten Montagsfrühstück in diesem Jahr wird es auf einer grundsätzlichen Ebene um das Verhältnis von Natur und Kultur und um die Frage von Biopolitik gehen, wobei im Zentrum die Frage von Bildern des Körpers und von Körperlichkeit generell stehen wird. Ist der Körper ein natürliches Ideal oder ein technischer Effekt? Wie sehen die Normen von natürlicher Körperlichkeit aus und wie haben sie sich entwickelt? Orientieren sich „technische“ Eingriffe in den Körper an einem Ideal des „Natürlichen“?

                                            Kordula Schnegg wird mit dem Kulturhistoriker, Sozialwissenschaftler und Künstler Bernhard Kathan diskutieren, dessen Kunst und wissenschaftliche Arbeit sich immer wieder mit der Frage des Körpers und des Verhältnisses von Natur und Kultur / Technik auseinandersetzen.

                                            Eine Kooperation zwischen Literaturhaus am Inn, Denkpanzer und der Abteilung für Vergleichende Literaturwissenschaft d. Universität Innsbruck

                                              Katharina Geiser

                                              Ort: Literaturhaus

                                              Moderation: Doris Eibl

                                              Katharina Geisers neuer Roman Diese Gezeiten erzählt die Geschichte von Lucy Schwob und Suzanne Malherbe. Die beiden Frauen stammen aus bekannten französischen Intellektuellenfamilien, sie sind Stiefschwestern und gleichzeitig auch ein Paar. Von den Pariser Zirkeln der Surrealisten rund um André Breton haben sich die beiden Künstlerinnen verabschiedet, um auf Jersey zu schreiben, zu zeichnen und zu fotografieren. Mit der Ankunft der Deutschen im Jahr 1940, die ohne auf Widerstand britischer Truppen zu stoßen die Kanalinsel okkupieren, beginnen sie eine listenreiche und lebensgefährliche Antikriegspropaganda. Lucy Schwob und Suzanne Malherbe werden ins Gefängnis geworfen und zum Tode verurteilt. Diese Gezeiten ist ein großer Roman, der zeigt, wie ein Nebenschauplatz des Zweiten Weltkriegs zu einem Zentrum der Angst wird. Er erzählt aber auch von übermütiger Lebenslust, von Mut und Hoffnung.

                                              Katharina Geiser: Diese Gezeiten. Roman. Jung und Jung 2011