Veranstaltungen 2012

Miguel Herz-Kestranek

Ort: Literaturhaus

Moderation: Johann Holzner

Mit Lächeln und leiser Wehmut verbindet der Autor in seinem neuen Buch Die Frau von Pollak oder Wie mein Vater jüdische Witze erzählte auf literarische Weise vergessene jüdische Geschichten und weniger geläufige jüdische Witze und Anekdoten, wie er sie schon als Kind von seinem Vater gehört hat, mit Erinnerungen an seine Kindheit und an den Vater. Behutsam und liebevoll spürt er dabei vor seinem eigenen jüdischen Hintergrund dem verklungenen „Ton“ nach, wie er seiner Meinung nach zu den Geschichten gehört, und erzählt dabei geistreich und auf vergnügliche Art, wie viele Aussprüche und Pointen als geflügelte Worte in die Familien-sprache eingingen.

Ob es die Anekdoten über die legendäre Frau Pollak mit ihren unfreiwillig komischen Bonmots und die in epischer Breite ausgeschmückten Geschichten über Rabbis und Wunderrabbis im ostjüdischen Schtetl sind, oder die Pointen von Schadchen und Schlemihlen, von Schnorrern und Millionären: Miguel Herz-Kestranek versteht es, Verschüttetes und Vergessenes humorvoll auferstehen zu lassen und damit in die Gegenwart zurückzuholen, was unser aller mitteleuropäisches Erbe ist.

Miguel Herz-Kestranek, geboren 1948 in St. Gallen, Schweiz. Als Autor und Herausgeber von 2000 bis 2010 Vizepräsident des Österreichischen PEN-Clubs; derzeit Vizepräsident der Österreichischen Gesellschaft für Exilforschung; als Schauspieler mehrere Dutzend Theaterrollen und über 160, zum Teil internationale TV- und Filmrollen; Kabarettist, Chansonnier, Entertainer, Redner, Diskussionsleiter und Moderator; lebt in Wien und St. Gilgen am Wolfgangsee. www.herz-kestranek.com

Miguel Herz-Kestranek: Die Frau von Pollak oder Wie mein Vater jüdische Witze erzählte. Ibera 2011

    Franz Tumler zum 100. Geburtstag

    Ort: Literaturhaus

    Präsentation des ersten Bandes der neuen Werkausgabe: Nachprüfung eines Abschieds
    Impulsreferate: Johann Holzner: Franz Tumler, „der Vater unserer Literatur“? und Barbara Hoiß: „Niemand kann aus seiner Haut“
    Reinhard Kaiser-Mühlecker: Gedanken zu Franz Tumler und Lesung

    Mit seinem literarischen Schaffen prägte Franz Tumler die moderne Erzählliteratur der Nachkriegszeit nachhaltig. So gehört Nachprüfung eines Abschieds zu den beachtlichsten Prosastücken nicht nur Franz Tumlers, sondern einer ganzen Autorengeneration.

    Die wichtigsten Werke von Franz Tumler werden nun im Haymon Verlag neu aufgelegt. Der Beginn wird mit der Erzählung Nachprüfung eines Abschieds gemacht, die 1964 im Suhrkamp Verlag erschien. Im Zentrum steht das Thema der Schuld, sowohl in einer privaten als auch in einer politischen Dimension. Markant, aufwühlend und kompromisslos schildert Franz Tumler die schmerzlichen Erfahrungen zweier Menschen, die voneinander Abschied nehmen. In stetem Einkreisen und Beschreiben rekonstruiert er deren Begegnung und dringt dabei bis in die tiefsten Gründe des Zwischenmenschlichen vor. Gleichzeitig ist die Erzählung Reflexion über die Kunst des Erzählens, besser gesagt: über die Strategien des Erzählens nach dem Ende aller großen Erzählungen.

    Franz Tumler, geboren 1912 in Gries/Bozen, gestorben 1998 in Berlin. Eine ausführliche Biographie finden Sie im Online-Lexikon Literatur in Tirol auf der Homepage des Brenner-Archivs: www.uibk.ac.at/brenner-archiv

    Franz Tumler: Nachprüfung eines Abschieds. Erzählung. Haymon 2011

      Boualem Sansal

      Ort: Literaturhaus

      Moderation: Birgit Mertz-Baumgartner, Doris Eibl

      Boualem Sansal, der 2011 den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels erhielt, zählt zu den wenigen algerischen Schriftstellern, die das Land während des Bürgerkriegs der 1990er Jahre nicht verlassen haben und weiterhin dort leben und schreiben. Seine Werke sind in Algerien jedoch verboten.

      In einer schonungslosen, oft als realistisch bezeichneten Sprache entwirft Boualem Sansal individuelle Schicksale vor dem Hintergrund großer historischer Ereignisse wie der Kolonisierung Algeriens durch Frankreich, dem Unabhängigkeitskrieg oder dem Bürgerkrieg in Algerien. „Geschichte“ wird dabei stets ungewöhnlich und neu perspektiviert, wie etwa in Das Dorf des Deutschen, das über den Protagonisten Hans Schiller die NS-Zeit, algerischen Unabhängigkeitskrieg und Bürgerkrieg thematisiert und dabei grundlegende Fragen nach Schuld und Verantwortung aus transnationaler Perspektive neu stellt.

      Der Essayband Postlagernd: Algier, gerichtet an seine Landsleute, spiegelt die Empörung des Autors über die politischen Missstände im zeitgenössischen Algerien und ist ein kraftvolles, gleichzeitig auch berührendes Plädoyer für Veränderung.

        Heinrich von Kleist: Ein verdächtiges Subjekt

        Ort: Literaturhaus

        Moderation: Klaus Müller-Salget

        Heinrich von Kleist, der im Jahr 1811 als 34jähriger zuerst dem Leben seiner Gefährtin Henriette Vogel und dann seinem eigenen ein Ende setzte, löste mit seinem schmalen, aber revolutionären Werk bei vielen seiner Zeitgenossen, zum Beispiel bei Johann Wolfgang von Goethe, Befremden aus.

        Klaus Müller-Salget, einer der führenden Kleist-Forscher unserer Zeit, beleuchtet in seinem Vortrag schlaglichtartig die Besonderheiten von Kleists Werken, Besonderheiten, deren Beunruhigungspotenzial Leser, Regisseure, Schauspieler und Zuschauer noch heute fasziniert.

        Klaus Müller-Salget, geboren 1940, emeritierter Professor für Neuere Deutsche Sprache und Literatur an der Universität Innsbruck, Vorstandsmitglied der Heinrich-von-Kleist-Gesellschaft, Mitherausgeber der Gesammelten Werke von Heinrich von Kleist im Deutschen Klassiker Verlag und Verfasser einer Biographie zum Dichter (2011, Reclam Verlag). Des Weiteren zahlreiche Publikationen zur deutschen Literatur und Literaturgeschichte.

          Ohnmacht und Empörung

          Ort: Literaturhaus

          Moderation: Gabi Wild

          Anneliese Rohrer, Xaver Schumacher und Andrea Umhauer im Gespräch

          „Empört euch!“ – Die Streitschrift von Stéphane Hessel scheint ein Jahr nach dessen Erscheinen aktueller denn je zu sein. Überall auf der Welt trifft man sie mittlerweile an, die Empörten. Menschen treten in den Widerstand, wehren sich gegen den Umgang der Politik mit der Finanzkrise, kämpfen für den Erhalt des Wohlfahrtsstaates oder entrüsten sich, wenn sie eine Zerstörung der Umwelt durch große Bauprojekte wie „Stuttgart 21“ befürchten. Der so genannte Wutbürger scheint sich zu erheben, sich gegen Demokratieverlust und für mehr Basisdemokratie und Selbstbestimmung einzusetzen.

          Doch sind die Menschen dazu bereit, ihre Zukunft selbst in die Hand zu nehmen? Was, wenn die am „Tag des Zorns“ erlangte Macht des „Volkes“ am Tag danach zur Ohnmacht wird? Wie kann Widerstand aufrecht erhalten werden und die Resignation durchbrochen werden? „Wir müssen aufhören, zu gehorchen, und anfangen, uns einzumischen. Es ist höchste Zeit.“, so die Meinung Anneliese Rohrers in ihrem Buch Das Ende des Gehorsams (2011, Braumüller).

          Auch an der Universität Innsbruck gab und gibt es eine Bewegung der „Empörten“, und ein kleines Büro erinnert nach wie vor an die „Uni brennt“-Proteste von 2009 / 10. Unter dem Kennwort „Geiwimax“ scheint der Protest der Studierenden gegen unzulängliche Studienbedingungen und für mehr Autonomie weiterzugehen. Es gibt aber genauso Studierende, die sich von diesem Protest distanziert haben.

          Es bleiben die Fragen, inwiefern wirklich etwas verändert werden kann und welche Wege und Mittel es gibt, die Forderungen durchzusetzen. Sind ziviler Ungehorsam und Unangepasstheit überhaupt Werte, die in unserer Gesellschaft noch Platz haben oder ist nicht viel eher Angepasstheit und Schweigen erwünscht?

          Beim ersten Montagsfrühstück im neuen Jahr sollen verschiedene Generationen zu Wort kommen.

          Anneliese Rohrer, geboren 1944, „die Doyenne der innenpolitischen Publizistik“ (Falter), gehört zu den profiliertesten JournalistInnen Österreichs. Sie ist seit 1974 Redaktionsmitglied und Kolumnistin der Tageszeitung „Die Presse“. www.facebook.com – Anneliese Rohrer

          Franz Xaver Schumacher, geboren 1984, studierte in Wien, Innsbruck und Bochum vor allem Komparatistik. Derzeit arbeitet er an seiner Diplomarbeit über Systeminterferenzen im Professional Wrestling. Verschiedene Tätigkeiten im Kultur- und Veranstaltungsbreich, journalistische und literarische Veröffentlichungen in mäßig gelesenen Zeitschriften. Er lebt in Innsbruck und Köln.

          Andrea Umhauer, geboren 1986 in München, Studium der Erziehungswissenschaft und Psychologie in Innsbruck, seit 2009 bei der „Uni brennt Bewegung“ aktiv. Seit 2011 studentische Mitarbeiterin am Institut für Erziehungswissenschaft.
          www.facebook.com/#!/geiwimax

            Richard Pils und Astrid Walenta

            Ort: Literaturhaus

            Verleger Richard Pils und Kinderbuchautorin Astrid Walenta im Gespräch mit Andrea Margreiter und Linda Müller

            Seit 1989 ist die Bibliothek der Provinz Teil der österreichischen Verlagslandschaft. Alles begann damit, dass Volksschuldirektor Richard Pils seine Bibliothek erweitern wollte – um Bücher, die noch nicht existierten. Noch heute befindet sich der Verlagssitz in dem kleinen Ort Weitra in Niederösterreich, von wo aus das außergewöhnliche Programm des Verlags vertrieben wird – Beweis genug, dass Literatur auch abseits urbaner bzw. kultureller Zentren entstehen kann.

            Schwerpunkt des Verlags bilden neben österreichischer Literatur, Belletristik und Kunstbänden auch Kinderbücher, die sich inhaltlich und grafisch von der Masse der Kinderbuchliteratur abheben und für die der Verlag bereits mehrere Preise erhielt.

            Verleger Richard Pils legt großen Wert auf die Betreuung seiner Autorinnen und Autoren, auf den Austausch mit anderen Kunstschaffenden und der Leserschaft, z. B. beim großen Poetenfest, welches jährlich auf der Burg Raabs an der Thaya stattfindet und – ebenso wie die Bibliothek der Provinz – durch außergewöhnlichem Charme besticht. www.bibliothekderprovinz.at

            Richard Pils, geboren 1946 in Engerwitzdorf bei Gallneukirchen, lebt und arbeitet heute im Waldviertel in Niederösterreich. Zahlreiche Auszeichnungen für Publikationen seines Verlags, unter anderem mehrmals Österreichischer Staatspreis, Premio Andersen und Österreichischer Kinder- & Jugendbuchpreis. Eigene Publikationen (Auswahl): André Müller im Gespräch mit Thomas Bernhard (1991), Der Affenfritzi: Nur für Buben (1998), Weihnacht (2009, alle: Bibliothek der Provinz).

              Antje Rávic Strubel

              Ort: Literaturhaus

              Moderation: Gabi Wild

              Während eines Tagesausfluges zu einer Vogelschutzinsel in der schwedischen Ostsee begegnet Erik, ein junger Mann Mitte zwanzig, der Ornithologin Inez. Sie fasziniert ihn, und so bleibt er. Doch Inez ist zurückhaltend, scheint von einer Vergangenheit verfolgt, die Erik reizt. Er beginnt ihr nachzujagen. Mit Erik ist ein Mann auf die Insel gekommen, der ebenfalls nicht abreist, Rainer Feldberg. Nach und nach findet Erik heraus, dass zwischen diesem Mann mit undurchsichtigen Motiven und Inez eine alte Verbindung besteht. Erik wird in diesem Sommer nicht nur in die gefährdete Welt der Vögel, sondern auch in eine Geschichte eingeweiht, die ihn selbst gefährdet und seine Liebe bedroht: die Lebensgeschichte eines ostdeutschen Jungen, die als Stasilegende und Politstory erfunden wird.

              Antje Rávic Strubel: Sturz der Tage in die Nacht. Roman. S. Fischer 2011

                Marlene Streeruwitz

                Ort: Literaturhaus

                Moderation: Anna Rottensteiner

                Leute werden verschleppt, verschwinden, werden eingesperrt oder gefoltert. Amy arbeitet für einen privaten Sicherheitsservice, sie kann die Korruption und Gewalt nur ahnen, die sich als Abgrund hinter den geheimen Operationen abzeichnet. Als sie beschließt auszusteigen, gerät sie endgültig in die Fänge einer undurchsichtigen, aber brutalen Organisation. Amys Verlorenheit korrespondiert mit dem Ringen um die Wahrnehmung der Realität. Was kann sie glauben? Wer ist sie selbst? Und vor allem: Was passierte an dem Tag, an den sie sich nicht erinnern kann?

                Marlene Streeruwitz, die mit ihrem Roman Die Schmerzmacherin für den Deutschen Buchpreis nominiert war und für den sie zuletzt den Bremer Literaturpreis erhielt, entwirft darin ein unheimliches und unvergessliches, ganz in der Gegenwart verankertes Szenario, in dem sie nach dem Ort des Individuums in einer zunehmend privatisierten Öffentlichkeit fragt.

                Marlene Streeruwitz: Die Schmerzmacherin. Roman. Fischer 2011

                  Die Ich-AG: Selbstausbeutung oder Selbstverwirklichung?

                  Ort: Literaturhaus

                  Moderation: Martin Sexl

                  Kathrin Röggla und Thomas Wegmann im Gespräch

                  In der spätkapitalistischen Leistungsgesellschaft werden Selbstregierungstechniken zum Prinzip erhoben. Der einzelne Mensch hat seiner Ausbeutung bereits längst zugestimmt und wird in einen Sog zwischen scheinbarer Selbstverwirklichung und „commitment“ mit Arbeitsstrukturen hineingezogen. Er wird zur Ich-AG, die die Mechanismen der (Selbst-)Ausbeutung unsichtbar zu machen droht. Das Montagsfrühstück im März wird die Frage ins Zentrum stellen, welche Möglichkeiten die Literatur hat, auf diese neuen Formen der Arbeitswelt und auf Veränderungen von Arbeit und Alltag durch Formen der (Selbst-) Organisation zu reagieren. Wie dringen Formen des Managements in unser Privatleben ein, das seinerseits zunehmend durch Selbstdisziplinierung und Selbstmanagement gekennzeichnet zu sein scheint?

                  Im Gespräch zwischen Kathrin Röggla und dem Germanisten und Kulturwissenschaftler Thomas Wegmann werden vor allem die sprachlichen Mechanismen des Umgangs mit hegemonialen Strukturen beleuchtet und die genannten Strategien und Strukturen hinterfragt.

                    Julian Schutting und Christoph W. Bauer

                    Ort: Literaturhaus

                    Julian Schutting macht zu seinem 75. Geburtstag seinen Leserinnen und Lesern ein Geschenk: drei pointierte Nachdichtungen antiker Stoffe, die (Neu-)Inszenierung des ewigen Schauspiels elementarer menschlicher Gefühle. Von der Geschichte der Dido und des Aeneas, der beiden unglücklich Liebenden, über den Dialog zwischen der Kaiserin Irene, der ersten byzantinischen Kaiserin, und ihrem Sohn Konstantin über Macht bis zu „Ein kleines Abendgastmahl“, in dem sich Schutting an Platons antikes Gastmahl anlehnt, immer betreibt der Autor dabei ein souveränes Spiel mit den antiken Vorbildern und Möglichkeiten. Lyrische Kostbarkeiten, ein Lese- und ein Hörgenuss.

                    Christoph W. Bauer, selbst ein Meister in der Anverwandlung antiker Stoffe, wird die Lesung einführen und mit Julian Schutting ein Gespräch führen.

                    Julian Schutting: Theatralisches. Eine Trinitas. Otto Müller 2012

                      Ein neues Kapitel in der russischen Literaturgeschichte

                      Ort: Literaturhaus

                      Moderation: Christine Engel

                      Lesung: Birgit Melcher und Christian Opperer

                      Der Abend steht unter dem Motto: „Was gibt es Neues über die russische Literatur zu berichten?“ Soeben ist eine aktualisierte und erweiterte Neuauflage der Russischen Literaturgeschichte im Metzler-Verlag erschienen, zu der Christine Engel ein Kapitel hinzugefügt hat, in dem sie signifikante Entwicklungslinien der vergangenen zwei Jahrzehnte herausarbeitet. In ihrem Vortrag stellt sie Gedanken zu diesem Prozess des „Herausschälens“ an und greift einige bemerkenswerte literarische Tendenzen heraus. Kostproben von Texten verschiedener Autorinnen und Autoren werden von Birgit Melcher und Christian Opperer gelesen.

                      Christine Engel, Professorin (i.R.) am Institut für Slawistik der Universität Innsbruck, hat ihre Forschungsschwerpunkte in der neueren russischen Literatur, Kultur und im Film. Ein ausführliches Literaturverzeichnis finden Sie unter slawistik.uibk.ac.at.

                      Russische Literaturgeschichte, unter Mitarbeit von Christine Engel, Andreas Guski, Wolfgang Kissel, Joachim Klein und Wolf-Heinrich Schmidt sowie Dirk Uffelmann (Redaktion), herausgegeben von Klaus Städtke. 2., aktualisierte und erweiterte Auflage. Mit 205 Abbildungen. Stuttgart, Weimar: Metzler 2011.

                        Siegfried Höllrigl: Die Offizin S. Meran – Werkstatt für Literatur, Typographie und Graphik

                        Ort: aut. architektur und tirol Lois-Welzenbacherplatz1

                        Diese Veranstaltung der weis raum -Reihe schöne bücher entsteht in Zusammenarbeit mit dem Literaturhaus am Inn und bietet die Gelegenheit, eine weitum einzigartige Form von Gestaltungsarbeit näher kennenzulernen. Ein locker gehaltener Abend mit vielen Arbeitsproben, Siegfried Höllrigl wird zudem kurze Ausschnitte aus den Aufzeichnungen seiner Wanderung nach Istanbul lesen.

                        Es gibt Orte, die, obwohl aus der Zeit gefallen, eigentlich ganz in der Zeit sind. Die kleine Druckerwerkstätte von Siegfried Höllrigl in Meran ist so einer. Nur unweit von den geschäftigen Einkaufsstraßen der Kurstadt gelegen, mittendrin und dennoch abseits, eröffnet sich eine vergangene Welt: kein Computer, kein kreatives Hyperventilieren, kein Design, kein Lifestyle. Dafür Ruhe, tausenderlei Zeugs, der Geruch nach Druckfarbe und Papier und dann und wann das laute Rattern einer Druckmaschine. Irgendwo dazwischen Siegfried Höllrigl, der Begründer der Offizin S. – Werkstatt für Literatur, Typographie und Graphik.

                        Hier kann man erleben, wie nahe sich Buchkunst und Literatur kommen können. Was natürlich auch mit Siegfried Höllrigl zu tun hat: Er ist Mitbegründer der Südtiroler Autorenvereinigung und selbst Schriftsteller. 2011 erschien sein Reisebericht Was weiß der Reiter vom Gehen (edition laurin), Tagesnotizen einer Wanderung von Basel nach Istanbul. Mit derselben Beharrlichkeit, die es zu solch einem Marsch braucht, betreibt Höllrigl auch seine Buchdruckerkunst. Höllrigls Arbeit ist Beleg nicht nur einer bestimmten Buchgestaltung, sondern auch einer bestimmten literarischen Kultur, der es zuallererst um die Literatur selbst und die Schönheit gestalteter Texte geht. Jedes der Bücher, Plakate und dann und wann in kleinen oder Kleinstauflagen hergestellten Akzidenzien in der Werkstätte von Siegfried Höllrigl stellt etwas Besonderes dar, zu allem gibt es Anekdoten, Geschichten und Erinnerungen. Kein Wunder, dass seine Arbeit hohe Anerkennung im Kreis bibliophiler Literatinnen und Literaten genießt – unter ihnen Klaus Merz, Friederike Mayröcker, Sarah Kirsch oder Peter Handke.

                        Siegfried Höllrigl, geboren 1943 in Meran, nach einer Schriftsetzerlehre Maschinensetzer und Korrektor, Reifeprüfung am Kunstlyzeum in Verona. 1968 Gründung eines Forums für Berufliche Weiterbildung, des Typographen Clubs Südtirol. 1985 Einrichtung einer eigenen Werkstatt in Bozen, seit 1987 angesiedelt in Meran.

                          Sepp Mall und Andreas Neeser

                          Ort: Literaturhaus

                          Moderation: Dorothea Zanon

                          Ein Sohn begibt sich nach dem Tod seines Vaters auf dessen Spuren nach Berlin. Dort nämlich hatte sein Vater als junger Soldat während des Zweiten Weltkriegs eine Liebesbeziehung zu einer Frau, von der niemand in der Familie wusste. Tatsächlich gelingt es ihm, die Frau ausfindig zu machen. Er trifft sie – und kommt seinem Vater näher als je zuvor. Berührend und einfühlsam beschreibt Sepp Mall eine Liebe, die den Tod überwindet, und eine Familiengeschichte zwischen Südtirol und dem Berlin von damals und heute. Er nimmt den Lesenden mit auf eine Reise in die innere Welt einer Figur, die sich hartnäckig dagegen wehrt, dass der Tod eines Menschen eine Auslöschung bedeutet.

                          Isabelles Leben verläuft in geordneten Bahnen. Ihre Ehe mit Simon ist solide, ihr Job abwechslungsreich, und auch der Traum vom eigenen Haus mit Kinderschaukel scheint bald Wirklichkeit zu werden. Da begegnet ihr am Bahnsteig ein gutaussehender Mann mit graumelierten Schläfen. Sie ist fasziniert von seinen leidenschaftlichen Avancen und bemerkt zu spät, dass sie sich auf einen obsessiven Erotomanen eingelassen hat. Nach dem viel beachteten Erzählband Unsicherer Grund legt Andreas Neeser einen packenden Roman vor: Mit beeindruckender Tiefenschärfe schildert er den Weg einer jungen Frau auf dem schmalen Grat zwischen Selbstverlust und Autonomie, Angst und Zuversicht.

                          Sepp Mall: Berliner Zimmer. Roman. Haymon 2012

                          Andreas Neeser: Fliegen bis es schneit. Roman. Haymon 2012

                            Thomas Stangl

                            Ort: Literaturhaus

                            Moderation: Joe Rabl

                            Reisen und Gespenster ist eine Sammlung mit meisterhaften Essays und Reiseberichten, angefangen mit einer der ersten Veröffentlichungen Thomas Stangls, einem Bericht über eine Reise nach Nordwestmexiko auf den Spuren von Antonin Artaud, bis zu unveröffentlichten semifiktionalen Tagebucheintragungen.

                            Thomas Stangl, Erich-Fried Preisträger von 2011, gibt Einblick in seine Werkstatt und gleichzeitig Auskunft über die Literatur. Landschaften, Filme und Bilder, Songs und Bücher: Es geht um Ausnahmezustände wie Reisen oder Krankheit, für die der Halbwachzustand des Geistes, das Wegdriften und gleichzeitig das Sich der Aufmerksamkeit Öffnen bestimmend sind und die auch in den zentralen Passagen seiner Romane zu finden sind.

                            Thomas Stangl: Reisen und Gespenster. Literaturverlag Droschl 2012

                              Carolina Schutti

                              Ort: Literaturhaus

                              Moderation: Gabi Wild

                              Komposition/Sampling/Ton: Ralph Schutti
                              Violoncello: Anita Knoll

                              Ein schattiges Dorf und eine Tante, die nicht über die Vergangenheit spricht: In diese Welt wird Maja von einem Tag auf den anderen geworfen. Mit dem frühen Tod ihrer weißrussischen Mutter geht ihre Sprache verloren, sie versteht die Tante nicht, die von nun an für sie sorgt. In dem abgelegenen Haus gibt es nicht viel Abwechslung für das in sich gekehrte Mädchen. Einzig Marek, ein ehemaliger polnischer Zwangsarbeiter, vermag Maja ein Gefühl von Geborgenheit zu vermitteln. Der Klang seiner Muttersprache weckt in ihr eine Erinnerung an die eigenen vergessenen Wurzeln, an die verlorene Sprache ihrer frühesten Kindheit. Als Heranwachsende versucht sie, an der Seite ihrer Freundin ihrer inneren Heimatlosigkeit zu entkommen und verlässt schließlich mit deren Bruder das Dorf, um in der Stadt ein neues Leben zu beginnen. Doch Sprachlosigkeit und unausgesprochene Geheimnisse lassen sie auch dort nicht los. Sie beschließt, das Schweigen hinter sich zu lassen und begibt sich auf die Suche nach ihrer verlorenen Herkunft.

                              Carolina Schutti: Einmal muss ich über weiches Gras gelaufen sein. Roman. Otto Müller Verlag 2012

                                Migrationsliteratur: ein kontroversieller Begriff?

                                Ort: Literaturhaus

                                Moderation: Anna Rottensteiner

                                Julya Rabinowich und Eva Hausbacher im Gespräch

                                Der Begriff „Migrationsliteratur“ hat sich mittlerweile im Literaturbetrieb und im literaturwissenschaftlichen Diskurs verankert. Zunächst ein Nischenphänomen in der Literaturlandschaft, haben als „Migrationsautorinnen und -autoren“ wahrgenommene Schriftstellerinnen und Schriftsteller über drei Generationen ihren Weg in die deutschsprachige Kulturproduktion gefunden. Zuschreibungen wie Ausländerliteratur, Gast-, Immigranten-, Emigrations-, Minderheitenliteratur, Literatur ohne Grenzen, Literatur ohne festen Wohnsitz zeugen von den Anstrengungen, Benennungsversuche und Kategorien zu finden. Doch inwiefern sind diese Begriffe bzw. ist der Begriff „Migrationsliteratur“ für die literarische Produktion eines Autors oder einer Autorin mit Migrationshintergrund wirklich bezeichnend? Sind diese Zuordnungsversuche als Bestandteil der Identität des Schreibenden wahrzunehmen oder als wissenschaftliche Kategorisierung? Kann der Begriff „Migrationsliteratur“ zu einem erweiterten Verständnis der deutschsprachigen Literatur und Kultur beitragen oder ist er ganz im Gegenteil einengend und diskriminierend?

                                Darüber diskutieren die Autorin Julya Rabinowich und die Slawistin Eva Hausbacher.

                                Eva Hausbacher, geboren 1967 in Schwarzach, Ao.Univ.-Prof. am Institut für Slawistik an der Universität Salzburg, Forschungsschwerpunkte: Zeitgenössische russische Literatur, Russische Frauenliteratur (19. und 20. Jahrhundert), Literatur- und Kulturtheorie, Gender Studies und Postcolonial Studies, Inter- und Transkulturalitätsforschung.

                                  Julya Rabinowich

                                  Ort: Literaturhaus

                                  Moderation: Anna Rottensteiner

                                  Julya Rabinowich debütierte 2008 mit ihrem Roman Spaltkopf, der in der edition exil erschien und für den sie den Rauriser Literaturpreis erhielt. Davor war sie bereits als Dramatikerin tätig.

                                  Paul Jandl schreibt in seiner Rezension (NZZ): „Mit hohem Tempo und trockener Ironie [erzählt die Autorin] die autobiografische Geschichte einer Emigration. 1977 ist Rabinowich mit ihrer Familie nach Wien ausgewandert. In der Fremde, die ihr schon bald nahe ist, entwickelt die Ich-Erzählerin ein Sensorium für die Feinheiten des Lebens – des neuen wie des alten. Die jüdische Verwandtschaft der kommunistischen Kinderjahre wird in atmosphärisch dichten Episoden geschildert, der Wiener Gegenwart gilt eine selbstbewusste Distanz. Spaltkopfist ein Entwicklungsroman von großer Anschaulichkeit, dessen souveräne und freche Sprache Beweis dafür ist, dass Julya Rabinowich nicht nur in einer neuen Heimat angekommen ist, sondern auch in der Literatur.“

                                  Der Roman wurde 2011 im Deuticke Verlag neu aufgelegt. Im selben Jahr erschien Rabinowichs Herznovelle, ein Text über die Sehnsucht nach einem Leben vor dem Tod. Nach einer Herzoperation findet die Protagonistin nicht mehr in ihr früheres Leben zurück. Es wäre alles in Ordnung, wenn da nicht ihre Träume wären, in denen sie mehr lebt als in ihrem realen Leben. Sie täuscht einen Notfall vor und kommt wieder ins Krankenhaus, wo sie sich auf die Suche nach dem Herzchirurgen macht, der ihr das Leben gerettet hat. Er wird, er muss sie verstehen, hat er doch „ihr Herz berührt“.

                                    Alfredo Bauer

                                    Ort: Literaturhaus

                                    Moderation: Werner Hörtner

                                    Alfredo Bauer: Die Vorgänger
                                    Lesung aus dem Werk Alfredo Bauers: Felix Mitterer

                                    Bauers fünfteiliger Zyklus Die Vorgänger stellt eines der Hauptwerke der österreichischen Exilliteratur dar, eine Abrechnung mit der Geschichte von 1848 bis 1938, mit den Siegen und Niederlagen im Kampf um jüdische Emanzipation, Demokratie und soziale Gerechtigkeit in Österreich. Auf Spanisch erschien er bereits in den 1980er Jahren unter dem Titel Los compañeros antepasados, nun liegt er erstmals vollständig in deutscher Übersetzung vor. Bauer verwebt Zeitgeschichte und Fiktion, Familien- und Weltgeschichte, trügerischen Glanz und werktätiges Streben im Leben seiner Figuren. Und den Bewohnern des Landes, aus dem er flüchten musste, ruft er mit seinem Werk zu: „Hier ist die Rose, hier tanze!“

                                    In Zusammenarbeit mit dem Brenner-Archiv und der Theodor-Kramer-Gesellschaft

                                      Galizien – Erinnerungen an eine untergegangene Kulturlandschaft

                                      Ort: Literaturhaus

                                      Moderation: Michael Klein

                                      Der Vortrag will an das 1918 untergegangene ehemals größte Kronland der Habsburgermonarchie, das heute schon beinahe sagenhaft anmutende „Königreich Galizien und Lodomerien“ erinnern und versucht die Faszination zu erklären, die, zunehmend bis heute, von dieser östlichsten Provinz des damaligen Reiches ausgeht: Galizien, eine in höchstem Maße widersprüchliche Landschaft, einerseits geprägt von extremen sozialen Gegensätzen und von bitterster Armut und zugleich ausgezeichnet durch eine ungemein reiche, überwiegend jüdische Kultur, deren vielfältige Einflüsse bis in die Gegenwart noch spürbar sind.

                                      Exemplarisch vorgestellt werden die beiden polnisch-jüdischen Romane: Józef Wittlin, Das Salz der Erde und Julian Stryjkowski, Austeria

                                      Michael Klein, geboren 1939 in Essen. Bis 2004 Professor für Germanistik und Leiter des Innsbrucker Zeitungsarchivs an der hiesigen Universität.

                                      Eine Kooperation mit dem Brenner-Forum

                                        Seien Sie gemein, dann sind Sie wahr oder Was macht zeitgenössische Literatur zum Skandal?

                                        Ort: Literaturhaus

                                        Moderation: Doris Eibl

                                        Es diskutieren Stefan Gmünder, Literaturredakteur bei DER STANDARD, und Julia Pröll, Universitätsassistentin am Institut für Romanistik an der Universität Innsbruck.  

                                        Ein Buch soll „beißen und stechen“, es soll uns „mit einem Faustschlag auf den Schädel“ wecken – dieser Ansicht war schon Franz Kafka. Stehen „SkandalautorInnen“ wie der Franzose Michel Houellebecq in dieser Traditionslinie? Oder geht es vielmehr darum, sich des Skandals als effiziente Marketingstrategie, der (Selbst)inszenierung als Mittel zur Absatzsteigerung zu bedienen?

                                        Ausgehend vom „Phänomen“ Michel Houellebecq, der mittlerweile zum Goncourt-Preisträger und umjubelten Star geworden ist, möchte sich das Montagsfrühstück der Skandalträchtigkeit der zeitgenössischen Literatur widmen. Thematisiert werden neben Michel Houellebecq auch Catherine Millet und Christian Kracht. Gefragt werden soll beispielsweise nach den Mechanismen, die einen Text zum Skandal machen: Sind es seine Themen, ist es ein kruder Realismus, der sich an der Grenze zur Geschmacklosigkeit bewegt und ästhetische Normsetzungen verletzt? Ist es die Selbstinszenierung der Autorinnen und Autoren, die die Grenzen zwischen Öffentlichkeit und Privatheit verwischt? Oder ist die schonungslose, ungeschminkte Beschreibung des gesellschaftlichen Status quo, der sich Autoren wie Michel Houellebecq verschrieben haben, ohnehin nur als „Skandal“ denkbar?

                                          Poetik-Vorlesung mit Nevfel Cumart

                                          Ort: Literaturhaus

                                          Poetik-Vorlesung, öffentlich zugänglich
                                          Donnerstag, 24. Mai und Freitag, 25. Mai,
                                          jeweils 14 – 19 Uhr
                                          Geiwi-Turm, 9. Stock, Raum Nr. 40904

                                          Von den Sternen am Himmel bis zu den Fischen im Wasser. Über das Gedichteschreiben und Andere literarische Einblicke

                                          Die Poetikvorlesung des deutsch-türkischen Dichters Nevfel Cumart gliedert sich in drei Teile. Zunächst wird Cumart einen Einblick in sein lyrisches Werk geben und skizzieren, wie er zur Lyrik fand. Er berichtet dabei auch über Inspirationen und Anlässe zum Schreiben, über den Einfluss der Migration auf sein Schaffen ebenso wie über den in der Literaturkritik oft als „orientalische Würze“ bezeichneten Einfluß der türkischen Dichtung und Sprache auf sein Werk. Im zweiten Teil geht Cumart auf Elemente der Kurzprosa ein und spürt der Frage nach, wie eine überzeugende, dreidimensionale Figur erschaffen wird. Wie gestaltet man „Charaktere, die Schatten werfen“, welche Rollen spielen der Wunsch als treibende Kraft und die menschlichen Natur mit ihrem Hang zur Widersprüchlichkeit und welches Entwicklungspotential sollte eine Figur unbedingt haben? Im abschließenden, kreativen Teil der Vorlesung soll eine praktische Beteiligung der Teilnehmenden erfolgen. Der Schriftsteller wird gezielt Impulse für ein bewusstes Schreiben geben und mit erprobten Schreibverfahren die kreativen Fähigkeiten freilegen, so daß ein erfolgreicher Zugang zum Schreiben ermöglicht wird und eigene literarische Texte der Teilnehmenden entstehen.

                                          In Kooperation mit dem Institut für Germanistik

                                            Trakl in der Stadt, Trakl dans la ville, Trakl in the city

                                            Ort: Literaturhaus

                                            – ist eine Lesereihe mit Gedichten Georg Trakls, die sich als Ergänzung zum Theaterprojekt Die Bläue bleibt in etwa zu 52 % von Petra Maria Kraxner im Rahmen des heurigen Tiroler Dramatikerfestivals versteht. Die junge Autorin hat ein sehr zeitgemäßes, dichtes Stück über Trakl geschrieben, das ab dem 9. Juni im Westbahntheater zu sehen ist und von dieser Lesereihe an verschiedensten Orten der Stadt begleitet wird. Das Brenner-Archiv, das den Nachlass von Georg Trakl beherbergt und sich intensiv mit dem Dichter und seinem Werk beschäftigt, ist naturgemäß die erste Station von Trakl in der Stadt. Weitere Orte sind die Stadtbibliothek, das Trakl-Stüberl im Hotel Isser in Lans, der Mühlauer Friedhof, auf dem Trakl beerdigt ist, der Hofgartenpavillon und andere. Klaus Rohrmoser liest, unterstützt von Nino Rohrmoser auf der Violine.

                                            Im Rahmen des Innsbrucker Dramatikerfestivals und in Kooperation mit dem Brenner-Archiv

                                              Feminismus – wohin?! (De)konstruktion von Geschlechterrollen

                                              Ort: Literaturhaus

                                              Moderation: Edith Brotzge

                                              Brigitte Mazohl, Karin Michalski und Maxi Obexer im Gespräch

                                              Fehlende Chancengleichheit, Quotenregelung, mehr Chefinnen, Teilzeitfalle, Papa-Monat – am 8.3.2012, 101 Jahre nach dem ersten Frauentag, bestimmten diese Themen die österreichische Presse und Tagespolitik. Nicht nur an Tagen wie diesen wird frau mit der Rolle, die sie einnimmt oder die ihr von der Gesellschaft zugeschrieben wird, konfrontiert. Unendlich ist die Liste an Büchern, die das Verhalten von Frauen erklären wollen: Mit Titeln wie Warum Frauen zu viel denken. Wege aus der Grübelfalle oder Spiele mit der Macht: Wie Frauen sich durchsetzen will man „weiblichen Verhaltensweisen“ näher kommen und sie entschlüsseln. Ehefrau, Mutter, Powerfrau, Karrierefrau – frau sollte im Idealfall alles sein und vereinbaren können. Da nimmt es vielleicht gar nicht wunder, dass viele junge Frauen aus diesen Bildern ausbrechen wollen und sich ihre Zukunft als Hausfrau und Mutter vorstellen können.

                                              In diesem Montagsfrühstück wollen wir mit drei Diskutant_innen aus Wissenschaft, Literatur und Kunst über das Frau-Sein, Frauenquoten und „weibliche“ Verhaltensweisen ebenso nachdenken wie über die Frage, welche Möglichkeiten Literatur und Kunst bieten, um aus vorgefertigten Geschlechterrollen auszubrechen.

                                              Es diskutieren: die Historikerin Brigitte Mazohl, die Künstlerin Karin Michalski und die Autorin Maxi Obexer.

                                               

                                                Maxi Obexer

                                                Ort: Literaturhaus

                                                Maxi Obexer liest einen Auszug aus ihrem im März 2012 im Theater Freiburg uraufgeführten Stück Planet der Frauen.
                                                Eine Kampfoperette.

                                                »Ich seh’ das ganz futuristisch: Wenn Frauen in die Plenarsäle wie selbstverständlich reingehen, so werden wir sehen, was für andere Gesetze da plötzlich rausgehen.“ (Maxi Obexer). Im nüchternen Präsens ist der Traum schnell ausgeträumt: „Kinder werden nicht im Plenarsaal großgezogen“. Und weil das nur eines ist von vielen Gegenargumenten, dazu noch so alt wie die Welt, bedarf es einer theatralen Zeitreise: Kurs voraus, auf einen noch unbekannten Planeten, denn nach 4000 Jahren Patriarchat haben die Frauen Lust auf Rollenwechsel und einen anderen Plot, der das Zusammenleben mit den Vertretern der Gattung Mensch neu regelt. Aus der Vogelperspektive schauen sie zurück auf die absurde Misere, in der wir heute noch stecken. Und heben ab! Terra incognita: Vielleicht ist – neben der Klimaveränderung – durch die veränderte Rolle der Frauen der größte gesellschaftliche Umbruch zu erwarten.

                                                Die Autorin Maxi Obexer, die sich mit ihren politischen Stücken und Essays einen Namen gemacht hat, verdichtet für dieses Stück recherchierte Geschichten zu einer literarischen Vorlage.

                                                Planet der Frauen. Eine Kampfoperette. Libretto: Maxi Obexer, Musik & Songs: Bernadette La Hengst. UA Theater Freiburg, 2012.

                                                  Iris Gerber Nachtwerk. Hommage an eine Komponistin

                                                  Ort: Literaturhaus

                                                  Moderation: Erika Wimmer

                                                  Iris Gerber, Pianistin und interdisziplinär als Performancekünstlerin tätig, begibt sich in ihrem Roman auf die Spuren ihrer Lehrerin, der Komponistin Margrit Zimmermann. Diese wurde 1927 in Bern geboren, absolvierte ein Klavier- und Kompositionsstudium, dem Studienaufenthalte in Lausanne und Paris folgten, unter anderem als Schülerin Arthur Honeggers. Meisterkurse in Klavier und Komposition sowie ein zusätzlicher Abschluss als Operndirigentin folgten. Zeitgleich schloss Margrit Zimmermann eine Lehre zur Damen- und Herrenschneiderin ab, da ihre Eltern auf das Erlernen eines sogenannten Brotberufes bestanden. Von Bern aus entfaltete sie eine intensive Tätigkeit als Pianistin, Dirigentin, Komponistin und Musikpädagogin, hier gründete sie ein Orchester.

                                                  Claudia Niebel in ihrer Rezension: „Gerbers Ansatz ist der einer musikalischen Interpretation dieses sehr verdichteten Lebens, das einer gewissen Tragik nicht entbehrt. Nachtwerk ist nichts weniger als eine Hommage an eine große, zu Unrecht vergessene Künstlerin, die den Satz Schönbergs Kunst kommt von müssen in allen seinen Tiefen ausgelotet und buchstäblich Tag und Nacht gearbeitet hat. Margrit Zimmermann lebt heute in einem Heim für Demenzkranke, scheinbar tief in sich zurückgezogen und ihrer Umwelt auch durch die Musik nur noch bedingt zugänglich.

                                                  Iris Gerber kondensiert aus ihren persönlichen Erfahrungen, ihren Eindrücken bei zahlreichen Heimbesuchen und Gesprächen mit Angehörigen auf äußerst sensible Weise ein Lebensbild, das durch Stringenz ebenso wie Ästhetik besticht und das aller Tragik zum Trotz nicht bedrückt, sondern durch die heitere Gelassenheit der Protagonistin den Gedanken vermittelt, sie sei lediglich auf Reisen in eine ferne Fremde.“ (http://info-netz-musik.bplaced.net/?p=883)

                                                  Iris Gerber: Nachtwerk. Hommage an eine Komponistin. Zytglogge 2011

                                                    Achim Würker

                                                    Ort: Literaturhaus

                                                    Das Spiel der Fantasien
                                                    Literaturinterpretation als Tiefenhermeneutik

                                                    Die Begegnung mit der Literatur ist geprägt durch ein Spiel der Fantasien, der Fantasie der Autorin oder des Autors und der von Leserin oder Leser: Die im Text fixierte literarisch gestaltete Fantasie entzündet bei der Lektüre die Fantasie der Rezipierenden. Psychoanalytische Literaturinterpretation als Versuch, unbewusste Bedeutungen zum Bewusstsein zu bringen, erfordert es, dieser Begegnung der Fantasien Raum zu geben, das Spiel in seiner Dynamik zu ertasten und verstehend zur Sprache zu bringen. In diesem Sinne wird an literarischen Beispielen, z. B. einer konkreten Szene aus Goethes Faust, veranschaulicht sowie anknüpfend an Alfred Lorenzers Konzeption der „tiefenhermeneutischen Literaturinterpretation“ erläutert werden, wie literarisches Verstehen als psychoanalytische Hermeneutik gestaltet werden kann.

                                                    Achim Würker, geboren 1952, arbeitet als Studiendirektor mit den Fächern Deutsch sowie Politik und Wirtschaft an einem Darmstädter Gymnasium. Seine wissenschaftliche Arbeit ist seit seiner Zusammenarbeit mit Alfred Lorenzer in den 1980er Jahren der psychoanalytisch-tiefenhermeneutischen Literaturinterpretation gewidmet; einen zweiten Schwerpunkt bildet die Psychoanalytische Pädagogik.

                                                    In Kooperation mit dem Institut für Psychoanalytische Bildung

                                                      Abdourahman Waberi

                                                      Ort: Literaturhaus

                                                      Moderation: Doris Eibl und Ursula Moser

                                                      Abdourahman Waberi lit son Afrique/Abourahman liest sein Afrika
                                                      CEnT-Lecture (in Zusammenarbeit mit „Kulturen in Kontakt“)

                                                      Abourahman Waberi stellt als diesjähriger Writer in Residence der Philologisch-Kulturwissenschaftlichen Fakultät im Literaturhaus seine neuesten Texte vor.

                                                      Mit seinen Kurzgeschichten und Romanen gelingt es Waberi, ein innovativ-kritisches Bild seines Heimatlandes zu skizzieren, das sich insbesondere von den kolonial geprägten Vorstellungen von Sir R. Burton, P. Loti, H. de Montfreid, P. Nizan oder R. Gary klar abgrenzt. Aus der Perspektive des Exilautors und unter postmodernen Vorzeichen demonstriert er eine Art literarische Wiederaneignung von Geschichte und Gegenwart seines Herkunftslandes und rekonfiguriert diese im Text zu einem imaginären Djibouti, einem Djibouti der Erinnerungsfragmente und unerfüllten Sehnsüchte.

                                                      Übersetzungen ins Deutsche: Die Legende von der Nomadensonne (Marino Verlag, 2000), Schädelernte (litradukt, 2008), In den Vereinigten Staaten von Afrika (Edition Nautilus, 2008), Tor der Tränen (Edition Nautilus, 2011).

                                                       

                                                       

                                                        Josef Beneder

                                                        Ort: Buchhandlung Tyrolia Maria-Theresienstraße 15

                                                        Ab 21. Juni in der Innsbrucker Innenstadt Poetische Interventionen

                                                          Martin Fritz

                                                          Ort: Café Katzung Herzog-Friedrichstraße 16

                                                          Ab 21. Juni in der Innsbrucker Innenstadt Poetische Interventionen

                                                          Benedikt Unterberger (Keyboard)