Sie sind da, um schön zu sein. Zugleich gehören sie zu den sieben wichtigsten Anpassungsgeschichten der Menschheit. Zimmerpflanzen. Unzählige Welten sind um sie herum entstanden, Kolonien biodiverser Wesen aus ihnen hervorgekrochen. Zimmerpflanzen sprechen nicht. Bis auf eine. Sie ist ein vergessenes Experiment, eine Mutation. Sie wurde in einem Bürogebäude zurückgelassen und sucht Kontakt zu uns. Dabei fragt sie plötzlich so Sachen wie: »Du weißt, was das bedeutet, wenn wir uns duzen?«
Sibylle Ciarlonis Geschichten sind künstlerische Mutationen. Humorvoll erzählt sie von Veränderung ebenso wie etwa von der gewollten Rückentwicklung des eigenen Erbgutes. Die im Schweizer Mittelland aufgewachsene Autorin lebt heute an der italienischen Adriaküste, wo sie u.a. als Kuratorin von partizipativen Kunstprojekten arbeitet.
Moderation: Gregor Ohlerich
Eine Veranstaltung im Rahmen des Lesekreises des Literaturhauses am Inn.
Was passiert, wenn 18 Autor:innen gemeinsam an einem Text über weibliche Sexualität und Begehren schreiben – und dabei anonym bleiben? WIR KOMMEN (Dumont 2024) ist ein kollektives Experiment als Antwort auf Scham, Tabus und Schweigen: Wir halten uns für aufgeklärt, offen und frei, doch wenn es um die eigene Lust geht, verstummen besonders Frauen und nicht-männlich gelesene Personen schnell. Zu schambesetzt, zu gefährlich scheint das Thema. Die Mitglieder der Gruppe LIQUID CENTER setzen dieser Sprachlosigkeit ihren Kollektivroman WIR KOMMEN entgegen, der gesellschaftlich verdrängte Facetten weiblicher und queerer Sexualität sichtbar machen will.
Einen Tag vor dem Internationalen Frauentag präsentieren drei Autorinnen des Kollektivs, Elisabeth R. Hager, Verena Güntner und Julia Wolf dieses außergewöhnliche Werk.
Moderation: Gabriele Wild
2010 wurde die Edition Laurin als Belletristikreihe der innsbruck university press gegründet. Benannt nach dem sagenumwobenen Zwergenkönig Laurin, der in den Gipfeln der Südtiroler Dolomiten sein Unwesen treibt, fällt die Edition durch ein vielfältiges und anspruchsvolles literarisches Programm auf.
Wir präsentieren drei Bücher der Edition: Im Erzählband Als die Sonne versank (2024) entwickelt Simon Chkheidze einen bunten Figurenkosmos von Charakteren, die zwischen Realität und Fiktion changieren und im Wechselspiel von Realem und Surrealem, von Tragik und Komik leben.
In Robert Kleindiensts Roman Das Lied davon (2023) begibt sich der Protagonist auf die Spuren seiner Kindheit in einer kleinen Tiroler Gemeinde, in der Musik von Anfang an, der Schlüssel zum Verstehen der Welt war.
Anne Marie Pirchers Gedichte in Aria (2024) erzählen von einer ruhelosen und verwundbaren Welt, in der das lyrische Ich Widerstand gegen die Zeit entfaltet.
Moderation: Birgit Holzner
Wir erinnern an Helena Adler – als großartige Autorin und als Freundin: Mit überschäumender Sprachlust und Zähnen und Klauen, auf Leben und Tod hat sie sich ihrer Herkunft gestellt und der Alptraumidylle der österreichischen Provinz einen frischen Anstrich verpasst. Das zeigt sich auch an ihren letzten Texten, die der Band Miserere (Jung und Jung 2024) versammelt. Sie wüten und poltern wie eine Liebeserklärung an das Leben, die das letzte Wort behalten will – und behält!
Helena Adler, Autorin und bildende Künstlerin, war zweimal für den Österreichischen Buchpreis und für den Ingeborg-Bachmann-Preis nominiert. Am 5. Januar 2024 ist sie mit nur vierzig Jahren verstorben.
Gerti Drassl studierte Kunstgeschichte und Schauspiel am Max-Reinhard-Seminar; sie ist regelmäßig in Theater-, Kino- und Fernsehproduktionen zu sehen und wurde bereits mehrfach
ausgezeichnet – zuletzt mit dem Wiener Schauspielring und dem Österreichischen Filmpreis als beste weibliche Nebenrolle.
Reinhard Kaiser-Mühlecker und Barbara Aschenwald: Das sind zwei Autor:innen, zwei Freunde, zwei, die das Schreiben und ein besonderer Bezug zum Boden verbindet: Reinhard Kaiser-Mühlecker, mittlerweile ein österreichischer Bestseller-Autor, betreibt eine Landwirtschaft in Oberösterreich, studierte Landwirtschaft, Geschichte und internationale Entwicklung in Wien, wird in zahlreiche Sprachen übersetzt, ist vielfach ausgezeichnet und geprägt von seinen Auslandsaufenthalten in u.a. Bolivien und Argentinien. Barbara Aschenwald ist Schriftstellerin, landwirtschaftliche Facharbeiterin und im Brotberuf Krankenpflegerin. Beide ziehen Gemüse und Getreide, füttern Hühner und Schweine und schreiben Bücher und Theaterstücke, graben Kartoffeln aus dem Boden und ziehen Sätze aus den Wolken.
Die beiden Autor:innen treten in einen Dialog über den Boden, auf dem wir stehen und über die Sätze, die wir finden, über das, was wir essen und über Kaiser-Mühleckers bislang radikalsten und intensivsten Roman Brennende Felder (S. Fischer 2024), in dem familiäre Bande und strukturelle Probleme von Ländlichkeit und Landwirtschaft thematisiert werden.
Wo die Stadt aufhört und die Vorstadt anfängt, ist in Paris klar markiert durch den Périphérique, den zu überschreiten Anne Webers Erzählerin bisher kaum in den Sinn gekommen ist. Denn was gibt es dort, in den Banlieues, außer einem Geflecht aus Schienen, Schnellstraßen und Autobahnen, zwischen denen Lagerhallen, gewaltige Supermärkte und Baustellen und Millionen von Menschen eingeklemmt sind? Als ihr alter Freund Thierry ihr jedoch vorschlägt, ihn für einen Film durch die Vorstädte zu begleiten, die vor den Olympischen Spielen 2024 einem tiefgreifenden Wandel unterzogen werden, muss sie sich eingestehen, dass sie für die nächste Nähe jahrzehntelang blind gewesen ist. Mit großer Beobachtungsgabe öffnet sich Anne Weber in Bannmeilen (Matthes & Seitz 2024) dem Unvertrauten und Anderen mitten unter uns.
Anne Weber, 1964 in Offenbach geboren, lebt als freie Autorin und Übersetzerin in Paris. Zahlreiche Auszeichnungen und Preise, ihr Buch Annette, ein Heldinnenepos (Matthes & Seitz) wurde mit dem Deutschen Buchpreis 2020 ausgezeichnet.
Moderation: Doris Eibl
Eine Kooperation zwischen dem Literaturhaus am Inn, dem Kulturlabor Stromboli und dem Stadtmuseum Hall.
In seinen Lektüren und Texten suchte Otto Grünmandl nach der Welt – der Ausgangspunkt dafür aber blieb seine Heimatstadt Hall, von ihm geliebt und kritisch beäugt, als Bühne bespielt und immer wieder ironisiert. Mit Zitaten und Texten von Otto Grünmandl begeben wir uns auf die Suche nach historischen und literarischen Perspektiven auf die Stadt, nach bekannten und unbekannten Orten, nach Spuren von Geschichte(n) und Literatur. Begleitet werden wir dabei von Brigitte Jaufenthaler, die seit mehr als 25 Jahren als Schauspielerin für Theater, Film und Fernsehen arbeitet.
Iris Kathan ist Literaturwissenschaftlerin mit Schwerpunkt auf literarische Topographien (Projekt Literatur-Land-Karte Tirol; Tirol/Südtirol: Eine literarische Topographie; Innsbruck – Ein literarischer Stadtführer, 2009).
Christian Kayed ist Fremdenführer und Geschichtenerzähler. In seinen Spezialführungen verbindet er fundierte Informationen und Hintergründiges, Spannendes und Unterhaltsames.
Treffpunkt: 15 Uhr, Kasenbacherhaus/Tomaselli, Unterer Stadtplatz 4, 6060 Hall
Kosten: 7 € / Studierende 5 € / Vereinsmitglieder gratis.
Anmeldung nur mehr für Warteliste möglich: an literaturhaus@uibk.ac.at oder unter 0512 50745013; begrenzte Teilnehmer:innenzahl!
Mini und Miki erleben in einen städtischen Alltag, in dem sie immer wieder von Gefahren und Katastrophen verfolgt werden. In Wien versuchen sie dazuzugehören und vor allem, alles richtig zu machen, wovon sie ganz gewöhnliche Alltagsdramen abhalten: Familien, Urlaube, Jobs, Beziehungen –Alpträume, die prädestiniert sind, um wahr zu werden. Barbi Marković erzählt mit Witz und klarer Sprache fast schon comichaft von Monstern und Ungeheuern und zeigt dabei trotzdem gesellschaftskritisch die Zerbrechlichkeit der menschlichen Existenz.
Barbi Marković ist eine serbische Schriftstellerin. Sie wohnt in Wien, schreibt auf Serbisch und Deutsch. Minihorror erhielt den Preis der Leipziger Buchmesse und den Carl-Amery-Literaturpreis.
Auftakt zum Workshop „Gender und Humor“, 10.10. – 11.10. 2024 im Brenner-Archiv
Moderation: Veronika Schuchter
Andrea Grill versetzt in Perfekte Menschen (Leykam 2023) einen alten, albanischen Kriegermythos in eine düstere Zukunft: Ein Kind wird hineingeboren in eine Welt der technischen Kontrolle, der ebenso zerstörten wie regulierten Natur, in eine Welt ohne Freunde, ohne Erinnerung und ohne Literatur – und hier soll er zum perfekten Menschen, nämlich zu einem modernen Krieger erzogen werden…
Florian Gantner hingegen widmet sich in Eternal Partners (Septime 2024) der perfekten Arbeitswelt. Der Langzeitarbeitslose Anton Krohn bewirbt sich bei einer Firma, die darauf spezialisiert ist, Leute zu vermitteln, die Verstorbene stundenweise ersetzen. Krohn wird der Witwe des CEO eines multinationalen Unternehmens zugeteilt – und gerät immer mehr in die Fänge des kapitalistischen Systems, das Gantner ebenso böse wie komisch entlarvt.
Florian Gantner studierte Komparatistik in Innsbruck, St. Étienne und Wien, lebt als freier Schriftsteller in Wien; erhielt mehrere Stipendien und Preise.
Andrea Grill ist promovierte Evolutionsbiologin und vielfach ausgezeichnete Schriftstellerin; lebt als Übersetzerin in Wien und Amsterdam.
Moderation: Maria Piok
1994: Ein 11-jähriges Mädchen versteckt sich unter einem LKW, beobachtet den elterlichen Umzug und beginnt zu erzählen: Vom Aufwachsen als Kind, das anders ist als es sollte, in einer Welt zwischen Patriachat, Stammtisch und Kirche, Saufgelagen und Todesfällen, Sommerhits, Friseurbesuchen und ländlichen Abgründen – und wie man sich dieser vorgegeben Ordnung widersetzen kann. Julia Jost tut dies in ihrem Romandebüt Wo der spitzeste Zahn der Karawanken in den Himmel hinauf fletscht (Suhrkamp 2024) mit einer wilden, assoziativen Sprache, viel Komik, und einer Liebeserklärung an die Freundschaft.
Julia Jost, geboren in Kärnten, studierte Philosophie, Bildhauerei und Theaterregie, lebt nun als Regisseurin und Dramaturgin in Wien und Berlin. Ein Auszug aus ihrem Debüt wurde mit dem Kelag-Preis ausgezeichnet.
In Kooperation mit dem Doktoratskolleg Austrian Studies.
Moderation: Maria Piok