Monique Schwitter und Simona Ryser

Ort: Literaturhaus

Moderation: Robert Renk

Simona Rysers Roman Helenenplatz ist ein modernes Märchen im Zeitalter der Onlineportale, auf denen einsame Singles auf der virtuellen Suche nach dem einzig wahren Date sind. Hanna, Treuhänderin im Burnout, sitzt wie gelähmt vor ihrem Computer, flüchtet in die Stadt, klaut in Warenhäusern, versucht Männer kennenzulernen. Ihre Sekretärin Sabine übernimmt mehr und mehr die Dossiers, jubelt ihr Dates unter und träumt selbst von der Liebe. Georg, Gamedesigner im Timeout, rennt durch die Stadt und geistert durch die Kontaktinserate auf den Bildschirmen von Hanna und Sabine am Helenenplatz.

Drei moderne Stadtmenschen treffen und verpassen sich, gelenkt von der Stadt, ihren Straßen, Warenhäusern, Bürotürmen und Bildschirmen. Gelenkt von ihren Träumen einer Liebe, die länger hält als ein paar Nächte. Wunderbar musikalisch erzählt Simona Ryser von der Stadt, von der Arbeit und der Liebe.

Monique Schwitters Erzählungen sind unverwechselbar. In Goldfischgedächtnis führt sie scharfsichtig und mit großem Gespür für dramatisches Timing ihre Figuren in Konfrontationen und Konflikte, die sehr schnell eine existenzielle Zuspitzung erhalten. Alles ist Handlung in diesen Geschichten (nicht zu verwechseln mit action!), ihre Personen sind nach wenigen Zeilen plastisch und lebendig, ihre Sätze sind elementar und schnörkellos. Es geht ja auch um etwas: In fast allen Geschichten blicken wir in die Schrecken von Beziehungen und Begegnungen, und fast immer ist auch von Abwesenheit und Verlust, von Sterben und Tod die Rede. Monique Schwittters Erzählungen gehen auf unerhört spannende Weise den Geheimnissen unserer Erinnerung nach, der Spannung zwischen Vergessen und Erinnern – wozu haben wir schließlich ein längeres Gedächtnis als Goldfische?

Simona Ryser: Helenenplatz. Roman. Limmat 2011

Monique Schwitter: Goldfischgedächtnis. Erzählungen. Droschl 2011

    Schwitter, Monique

    geboren 1972 in Zürich, lebt seit 2005 in Ham­burg. Sie hat in Salzburg Schaus­piel und Regie studiert, war unter anderem an den Schaus­piel­häusern in Zürich, Frank­furt, Graz und Ham­burg engagiert und lebt heute als freie Autorin in Ham­burg. Zahlre­iche Ausze­ich­nun­gen, u. a. Robert-Walser-Preis (2006). Pub­lika­tio­nen zulet­zt: Wenn’s schneit beim Krokodil. Erzäh­lun­gen (2005, Droschl), Ohren haben keine Lid­er. Roman (2008, Residenz).

    Ryser, Simona

    geboren 1969 in Zürich, nach ein­er Lehre als Ver­lags­buch­händ­lerin Arbeit im Lek­torat beim Dio­genes Ver­lag. Studierte Gesang, seit 1995 ver­schiedene Engage­ments als Opern­sän­gerin, diverse freie Pro­duk­tio­nen sowie Tätigkeit als Autorin und Jour­nal­istin. Seit 2004 freie Hör­spiel­regis­seurin, Autorin, Sän­gerin und Jour­nal­istin. Für ihren let­zten Roman Maries Gespen­ster (2007, Lim­mat) erhielt die Autorin 2008 den Rau­ris­er Literaturpreis.