Semier Insayif, Daniela Danz und Volha Hapeyeva

Daniela Danz zählt seit langem zu den wichtigsten Lyrikerinnen Deutschlands. Ihr aktueller Gedichtband Wildniß (Wallstein, 2020) ist ein Ereignis. Streng formbewusst und voll wilder Experimentierlust sind ihre Verse, sie greifen weit aus in die Landschaft, in die von Pandemie und Naturkatastrophen erschütterte Welt, in die (ost- und westdeutsche) Geschichte, und doch führen sie immer auch in enge Räume zurück, in das Haus, die Wohnung, das innerste Fühlen, dabei werden Fragen aufgeworfen wie: Kann sich Wildnis zurückerobern, was Menschen angerichtet haben? Und was bedeutet das für das Verhältnis zwischen Mensch und Natur? 2019 wurde die Lyrikerin, deren Gedichte stets von großer poetischer Kraft und Dringlichkeit zeugen, für einen Auszug aus dem Manuskript von Wildniß mit dem Deutschen Preis für Nature Writing ausgezeichnet.

„was sehe ich wenn ich ein bild sehe? […] hat der blick ein herz“ – Fragen wie diese stellt sich Semier Insayif in seinem Band ungestillte blicke. vom bebildern eines kopfes und beschriften desselben. (Klever Verlag, 2022). Dabei spürt der österreichisch-irakische Lyriker und Performer vom Bild ausgehend, über Bilder und über das Bildermachen selbst nachdenkend, den Korrespondenzen mit dichterischen Mitteln nach. Die daraus entstehenden Gedichte sind "Kunstbetrachtungen", wie es der Autor nennt, werden in einem inneren Prozess zu "Kunstbeschriftungen“. Und wie so häufig bei den Gedichten dieses Lyrikers werden die Lesenden Teil eines Prozesses, nämlich jenem der Wandlung vom betrachtenden Auge zur schreibenden Hand und von der schreibenden Hand zur sprechenden Zunge. Vom Bild zum Wort, vom Wort zur Stimme, die Semier Insayif bei der Lesung bestimmt wieder klangvoll erheben wird.

»alles was uns geschieht sind worte / alles was wir füreinander sind bleiben gedichte«. Die Belarussin Volha Hapeyeva durchstreift in Trapezherz (Droschl, 2023), übersetzt von Matthias Göritz, Sprachen und Länder, Zeiten und Planeten. In diesem Band vereint sie Wehmut und Liebe, Verspieltes und Ironisches, Momentaufnahmen und Philosophisches, Körperlichkeit und Sinneseindrücke sowie Einsamkeit, Heimat und Nomadentum. Das Trapezherz schlägt dabei sanft und sensibel, leise und laut, einfühlsam und wütend, komisch und ernst. Die Bandbreite dieses Buches könnte nicht größer sein, im Wechselspiel bilden die Gedichte alle Facetten unserer Lebenswirklichkeit ab. Aktuell und zeitlos, poetisch und politisch – das sind die Texte von Volha Hapeyeva, die zweifellos zu den bedeutendsten Stimmen zeitgenössischer belarusischer Literatur zählt.

Moderation: Gabriele Wild

literaturpodcast: Volja Hapejewa und das Lyrikfestival W:ORTE zu Gast bei Auf Buchfühlung

Eine Veranstaltung von Literaturhaus am Inn und 8ung Kultur im Rahmen des internationalen Lyrikfestival W:ORTE 26.5. – 7.6.2023

Das gesamte Programm zum internationalen Lyrikfestival W:ORTE finden Sie ab Mai hier Internationales Lyrikfestival W:ORTE

Philipp Scholz lauscht. Nora Gomringer atmet ein, Scholz holt aus, Gomringer setzt an, Scholz trommelt, Gomringer spricht und … PENG PENG PENG! Es entsteht alte Magie in neuem Gewand: Jazz & Rezitation. Die Mixtur: das Wort und der Takt, gleichermaßen Humor und Tiefsinn, ein Mikrofon, ein Schlagzeug und zwei begnadete Künstler: Nora Gomringer rezitiert eigene Texte sowie Zeilen aus der gesamten Weltliteratur – von Dorothy Parker bis zur experimentellen Literatur des 20. Jahrhunderts und großen Klassikern.

Nora Gomringer, geboren 1980, schreibt Lyrik und für Radio und Feuilleton. Zuletzt wurde ihr der Joachim-Ringelnatz-Preis (2012) zugesprochen. Sie lebt in Bamberg, wo sie seit 2010 das Internationale Künstlerhaus Villa Concordia leitet. Publikationen (Auswahl): Sag doch mal was zur Nacht (2006), Mein Gedicht fragt nicht lange (2011, alle: Voland & Quist).

Der Jazz-Drummer Philipp Scholz gibt den Takt an, begleitet den wilden Wortritt der Lyrikerin und Performerin Nora Gomringer, leitet, stört die Sprecherin und pointiert sie. Gemeinsam sorgen sie auf der Bühne für einen fatalyrischen Knall der Extraklasse.

Lyrikfestival W:ORTE

Gemeinsam mit der Autorin Slata Roschal haben sich Student*innen an das kreative Schreiben gewagt: In ihren Texten widmen sie sich Zaubersprüchen und magischen Formeln, der Bibel und dem Tod, dem schlechten Geschmack und dem Kitsch. Die dabei entstandenen Texte berühren etwa Fragen nach den Regeln der Kunst und wie man diese durchbrechen kann, nach dem Zusammenhang von Theorie und Praxis und dem Zauber des sprachlichen Experiments. Wir dürfen uns auf Ergebnisse freuen, die komisch und tiefsinnig, magisch und kitschig – laut Seminarankündigung: „je unerträglicher, desto besser!“ – sind.

Slata Roschal, geboren 1992 in Sankt Petersburg, aufgewachsen in Deutschland, ist mehrfach ausgezeichnete Lyrikerin, Romanschriftstellerin, Übersetzerin und Literaturwissenschaftlerin. Ihr viel beachteter Debütroman 153 Formen des Nichtseins erschien 2022 beim Homunculus Verlag.

Moderation: Peter Pohl

Pascale Osterwalder zeichnet Seifenspender als sensible Wesen, die den Druck, der täglich auf sie ausgeübt wird, schwer aushalten. Ihre eigene Antriebslosigkeit, mangelndes Selbstwertgefühl und die Angst, nicht mehr aufgefüllt zu werden, treiben sie in depressive Gemütslagen, die in überhygienischen Pandemie-Zeiten noch einmal zunahmen. Daily Soap (Luftschacht 2021) erzählt ebenso komisch wie böse von problematischen Arbeitsbedingungen in Nasszellen und sozialer Isolation – und somit auch von der Verdinglichung des Menschen in der modernen Ausbeutegesellschaft.

Moderation: Maria Piok

Viel zu lange wurden die osteuropäischen Kulturräume in Westeuropa als ein einheitlicher Raum ohne große Unterschiede wahrgenommen. Doch auch in der gegenseitigen Wahrnehmung von der Ukraine, Belarus und Russland gibt es viele blinde Flecken. Im Gespräch sollen die blinden Flecken aufgespürt und aufgedeckt werden, um ein differenzierteres Verständnis von den gegenwärtigen Krisen zu gewinnen.

Iryna Herasimovich, Essayistin, Literaturübersetzerin, Doktorandin im SNF-Projekt „Künste und Desinformation“.

Alexander Markin, Schriftsteller, Übersetzer deutscher Literatur, Literaturkritiker, Dozent an der Universität Zürich.

Andrei Vazyanau, Sozialanthropologe, Autor und Übersetzer; arbeitet an der European Humanities University Vilnius.

Mit freundlicher Unterstützung von Pro Helvetia. Schweizer Kulturstiftung.

Eine Veranstaltung im Rahmen des Journalismusfests Innsbruck 12.–14. Mai 2023.

Anknüpfend an Schuberts Kunstlied An die Musik referiert Anna Baar über ihr Schreiben: Sie erzählt von Begegnungen, Annäherungsversuchen an Kunstwerke und die Menschen dahinter, von Fehl- und Irrgängen auf dem Weg zum eigenen Text. Persönliche Erfahrungen stellt sie dabei in einen universellen Zusammenhang, mit Fragen nach Rezeption und Kritik, nach ästhetischen Festlegungen und moralisierenden Urteilen. Sie liest außerdem aus ihrer Textsammlung He, holde Kunst – Würdigungen ausgesuchter Werke zu den Schwerpunkten Hören, Schauen und Lesen, von Büchern über Skulpturen bis hin zu Popsongs, denen sie Impulse verdankt.

Anna Baar, geboren 1973 in Zagreb, wuchs in Wien und Klagenfurt auf, wo sie Publizistik und Öffentlichkeitsarbeit studierte. Sie schreibt Lyrik, Prosa und Essays. 2022 wurde sie mit dem Großen Österreichischen Staatspreis ausgezeichnet. Publikation zuletzt: Divân mit Schonbezug. Erzählungen (Wallstein 2022).

Die öffentlich zugängliche Poetik-Vorlesung findet am Montag von 15-17 Uhr sowie am Dienstag von 13 bis 15 Uhr statt. Die Lesung findet am Dienstag um 19 Uhr statt.

Präsentation: Ulrike Tanzer

Eine Kooperationsveranstaltung von Brenner-Archiv, Institut für Germanistik und Literaturhaus am Inn.

Im Zentrum des Abends steht die neue Ausgabe State of War (Meridian Czernowitz Verlag 2023). Der Essayband versammelt 35 Texte von bekannten Autor*innen der Ukraine, u.a. von den an diesem Abend beteiligten, und befasst sich mit der harten Wirklichkeit des Krieges.

Igor Pomerantsev, geboren 1948 ist Dichter und Radiojournalist, 1987 Auslieferung aus der Sowjetunion durch den KGB, lebt in Prag. 2023 auf Deutsch erschienen Czernowitz. In-Ex-Terieur (Meridian Czernowitz Verlag).

Andrij Ljubka, 1987 in Riga geboren, auf Deutsch erschien 2012 sein Lyrikband Notaufnahme (Edition Baes); anstatt zu schreiben organisiert und liefert der Autor derzeit Autos für die Soldaten an die Front.

Sofia Andruchowytsch, 1982 in Iwano-Frankiwsk geboren. Von ihrer viel diskutierten Roman-Trilogie Amadoka erschien nun der erste Teil Die Geschichte von Romana auf Deutsch im Residenz Verlag.

Präsentation: Evgenia Lopata (Kulturträgerin, Czernowitz/Ukraine)

Gefördert durch das Prague Civil Society Centre

Die Lesung findet im Rahmen des Projektes Verstärkung des Klanges ukrainischer Stimmen in Europa der internationalen Literaturkorporation MERIDIAN Czernowitz statt.

Sie ist eine der ungewöhnlichsten, wahnwitzigsten Literaturzeitschriften der Welt und erscheint etwa als Plastiksackerl, Konservendose oder bedruckte Straßenbahn. Von Ausgabe zu Ausgabe wechselt sie Thema, Format und Präsentationsort. Jedes Ausgabenexperiment ist ein detailreich komponiertes Gesamtkunstwerk mit Alltagsgebrauchswert. Zum 25. Geburtstag werden Fotos, Erinnerungsstücke und alle bisherigen 43 Ausgaben präsentiert.

Zur Ausstellungseröffnung liest sich Thomas Schafferer (Tiroler Autor, Allround-Künstler und Gründer bzw. Mastermind der Zeitschrift) – melancholisch tiefgehend bis humorvoll augenzwinkernd – durch alle Ausgaben. Musikalisch und lesetechnisch unterstützt wird er von der Tiroler Musikerin Tanja Pidot. Die Texte von un- und bekannteren Autor*innen geben berührende, inspirative Einblicke in das „Tiroler Literaturmagazin mit dem Wow-Aha-Effekt“.

Infos unter www.cobi.at

Öffnungszeiten der Ausstellung
Mo bis Do von 9 bis 16 Uhr oder nach telefonischer Vereinbarung (+43 512 507 45001).
Die Ausstellung ist vom 2. Mai bis Ende Juli 2023 zu sehen.

Drei Künstler*innen begegnen sich im Literaturhaus am Inn zum Tauschslam: Getauschte Texte werden performt, kommentiert und gelobt. Am Ende des Abends wählt das Publikum den Siegertext und ein kleiner Preis wird vergeben! Es wird laut, bunt und poetisch!

Katharina Wenty ist eine der erfolgreichsten Slam Poetinnen des deutschsprachigen Raumes; außerdem Buchautorin und mehrfach ausgezeichnete Filmemacherin.
Tamara Stocker ist Österreichische Poetry-Slam Meisterin 2021 sowie Preisträgerin des Slam Poetry Förderpreises des Landes Tirol und der Stadt Innsbruck.
Roswitha Matt lebt in Imst, Slammerin der Spitzenklasse, ausgezeichnet mit dem Tiroler Poetry Slam Förderpreis und dem 1. Platz beim Online-Poetry-Slam 2020.

Moderation: Diana Köhle

November 1954, ein nasskalter Tag, und der fremde Dragan Džomba tanzt halbnackt zwischen den Gräbern des Eferdinger Pfarrfriedhofs. Vor dem Friedhofstor stehen die Bürger – aufgebracht, misstrauisch, neugierig. Nur der Dechant nähert sich dem Serben und gibt ihm Quartier im Pfarrhof. Jahre später sitzt Džomba, alt geworden, aber noch immer fremd und seltsam, im Gasthof am Stammtisch. Die tagträumende, zehnjährige Wirtstochter jedoch fühlt eine Verbindung zu dem Mann, der nach Wald und Erde duftet, der vor ihr da war und weiß, welche Geschichte sich unter den Feldern verbirgt.

Mit Dschomba (Otto Müller 2023) schreibt sich Karin Peschka das Wissen um die Vergangenheit jenes Ortes, in dem sie aufgewachsen ist, in die eigene Biografie. Sie erzählt vom Leben in einer kleinen Stadt, von Begegnungen, von Lebenswegen und -wendungen, und ein wenig davon, wie es ist, als Wirtstochter aufzuwachsen.

Karin Peschka geboren 1967, aufgewachsen in Eferding, Oberösterreich, besuchte die Sozialakademie Linz und lebt seit 2000 in Wien. Sie veröffentlichte in diversen Anthologien und Literaturzeitschriften. Für ihren Debütroman Watschenmann (Otto Müller Verlag, 2014) erhielt sie zahlreiche Auszeichnungen: Wartholz Literaturpreis 2013, FLORIANA Literaturpreis 2014 und ALPHA-Literaturpreis 2015. Für FanniPold erhielt sie das Elias Canetti-Stipendium 2015 und 2016. 2020 ist ihr Roman Putzt euch, tanzt, lacht im Otto Müller Verlag erschienen.

Präsentation: Maria Piok

Literaturhaus am Inn – Lieben, Sprechen, Fühlen, Genießen
Josef-Hirn-Straße 5
6020 Innsbruck

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